Wirtschaft

Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen

Einleitung in das Thema

Hat sich die Wirtschaft bereits auf den Weg gemacht, die Klimakatastrophe abzuwenden?

Immer wieder sehen wir Entwicklungen, die Hoffnung machen. Aber sie reichen nicht aus:

Weltweit steigen die Emissionen immer weiter. Positive Ansätze werden konterkariert durch gegenläufige Entwicklungen:

In der Europäischen Union sinken die Emissionen zwar, doch bei Weitem nicht schnell genug https://www.nzz.ch/wissenschaft/ein-neues-jahr-wo-steht-europa-bei-den-klimazielen-ld.1773849 . Auch hier ist das Bild widersprüchlich:

Auch Deutschland setzt weiter auf Gas, hat die Bevölkerung mit massiven Subventionen für Erdgas in Sicherheit gewiegt und errichtet in Rekordzeit eine gigantische neue Erdgas-Infrastruktur https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/bericht-zu-lng-terminals-bestaetigt-warnungen-der-deutschen-umwelthilfe-bundesregierung-plant-gewalt/ .

Die lähmende Untätigkeit überwinden

Warum ist das so? Warum lassen selbst gutwillige PolitikerPolitiker historische Gelegenheiten für die ökologische Wende ungenutzt verstreichen? Warum forcieren selbst sie das Gegenteil von dem, was sie als notwendig erkannt haben? Und was muss geschehen, damit die Treibhausgas-Emissionen endlich in dem erforderlichen Tempo sinken?

An theoretischen Ansätzen für den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter fehlt es nicht. Die einen fordern Marktpreise, die die realen Klimaschäden abbilden. Die anderen wollen klimaschädliche Produktionsweisen verbieten. Beide Wege sind gangbar, beide schließen einander nicht aus. Sie können aber nur wirken, wenn sie tatsächlich angewendet werden. Doch das geschieht nicht, jedenfalls nicht im erforderlichen Maß.

Wir haben also ein Umsetzungsproblem, auch in der Europäischen Union. Offensichtlich hat die Einhaltung der planetaren Grenzen in unserer Wirtschaftspolitik nicht den Stellenwert, der ihr zukommt. Sie muss an erster Stelle stehen, wenn wir unseren Nachkommen keine verbrannte Erde hinterlassen wollen.

Problembeschreibung

Die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen wird weithin immer noch als ein Luxus-Thema wahrgenommen, das in Krisen-Zeiten hintan stehen muss. Sobald der Wirtschafts-Motor stottert, geht es nur noch darum, ihn wieder in Gang zu bringen, ganz gleich zu welchen ökologischen Kosten.

So kommt es, dass Unternehmen auch dann gefördert werden, wenn ihre Produkte eine verheerende Klimabilanz haben. Reiche Menschen werden in ihrem Konsumverhalten auch dann bestärkt, wenn die Klimabilanz katastrophal ist: Ihre Privatjets und Luxusyachten werden nicht etwa verboten, sondern sogar noch steuerlich begünstigt.

Hintergrund dieser Politik ist die Überzeugung vieler Ökonomen, dass unsere Wirtschaft nur funktionieren könne, wenn sie unaufhörlich immer weiter wachse. Null- oder gar Minuswachstum seien auf Dauer nicht verkraftbar, führten zum Zusammenbruch der Wirtschaft, zu Massenelend und Arbeitslosigkeit. Daher fordern sie, weiter auf Wirtschaftswachstum zu setzen, jedoch auf grünes Wachstum innerhalb der planetaren Grenzen. Dies müsse ermöglicht werden durch Effizienzgewinne sowie durch den vollständigen Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien.

Ist Wirtschaftswachstum erforderlich, um unseren Wohlstand zu erhalten? Und falls ja: Ist grünes Wachstum innerhalb der planetaren Grenzen überhaupt möglich?

Die Ansichten darüber gehen weit auseinander. Einen wissenschaftlichen Konsens darüber gibt es nicht. Was jedoch unzweifelhaft feststeht: Grünes Wachstum ist nicht das, was heute geschieht. Auch die Europäische Union ist weit davon entfernt, die planetaren Grenzen zu respektieren. Das muss sich ändern.

Wirtschaftsmacht und demokratische Kontrolle

Das Bestreben, reich zu werden und Reichtum zu vergrößern, ist so alt wie die Menschheit und wird uns auch in Zukunft begleiten. Es kann also nicht darum gehen, dieses Bestreben zu verbieten. Aber es muss kontrolliert werden.

Wir von der Klimaliste wenden uns nicht gegen Wachstum als solches. Wohlstand zu schaffen, zu erhalten und auch diejenigen daran teilhaben zu lassen, die heute noch in Armut leben, ist erstrebenswert. Wogegen wir uns wenden, ist ein absolut gesetztes Wirtschaftswachstum um jeden Preis, ohne demokratische Kontrolle und ohne Rücksicht auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen.

Auf demokratische Kontrolle zu achten, wird immer wichtiger, je mächtiger Großkonzerne und einzelne Konzerngründer werden. Immer öfter übersteigt deren Marktmacht die Möglichkeiten der Politik. Längst verfügen einzelne Konzerngründer über mehr Geld als ganze Staaten. Tendenz weiter exponentiell steigend: Von 2020 bis 2023 haben die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen mehr als verdoppelt, während die „unteren“ 60 % der Weltbevölkerung ärmer wurden. Dass der erste Multimilliardär über die erste Trilliarde verfügt, ist nur noch eine Frage von wenigen Jahren https://www.theguardian.com/inequality/2024/jan/15/worlds-five-richest-men-double-their-money-as-poorest-get-poorer?CMP=Share_AndroidApp_Other .

Mit ihren gewaltigen, unaufhörlich wachsenden Ressourcen verändern die Mega-Reichen die Welt immer mehr – und schaffen Fakten, bevor die Gesetzgebung reagieren kann. Die Digitalisierung des Wirtschaftslebens – so segensreich sie auf der anderen Seite auch ist – hat der Privatwirtschaft eine ganz neue Machtfülle erschlossen. Nun sitzt sie an den entscheidenden Hebeln der weltweiten Kommunikations-Infrastruktur. Damit verfügen Privatunternehmen über Machtmittel, die sich Diktaturen früherer Zeiten nicht einmal vorstellen konnten. Nichts und niemand kann sich ihnen mehr entziehen. Um in ihrem Gestaltungsspielraum nicht eingeschränkt zu werden, setzen sie private Schiedsgerichte durch, deren Rechtsprechung sich die Staaten unterwerfen müssen https://www.piqd.de/klimawandel/wie-schiedsgerichte-europas-klimaziele-gefahrden .

Wir können uns nicht darauf verlassen, dass private Mega-Konzerne wie Google, Facebook oder Amazon nicht eines Tages ihre unermessliche Macht missbrauchen werden, um Staaten zu manipulieren, die Demokratie auszuhöhlen und Meinungsbildungsprozesse zu torpedieren. Die Europäische Union hat diese Gefahr erkannt und 2023 den Digital Services Act erlassen, der gegen Soziale Netzwerke hohe Geldstrafen vorsieht, wenn sie nicht konsequent gegen illegale Inhalte vorgehen https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/soziale-medien-regeln-eu-gesetz-100.html .

Das war bitter nötig, wird aber kaum ausreichen, um die wachsende Bedrohung für die demokratische Meinungsbildung in Griff zu bekommen. Heute schon kann Wahlen gewinnen https://kurier.at/politik/ausland/us-wahl/trump-soziale-medien-brachten-den-sieg/230.441.724 , wer die Instrumente der digitalen Manipulation beherrscht, die von einer alle Lebensbereiche durchdringenden Privatwirtschaft bereitgestellt werden. Die Künstliche Intelligenz ist auf dem Sprung, diese Möglichkeiten der Manipulation ihrerseits in neue Dimensionen zu katapultieren – zum Schaden des Klimas, weil die Rechenleistung, die dafür benötigt wird, großteils aus fossilen Energien stammt vgl. Le Monde diplomatique - Manière de voir No. 189 (07/2023) - Énergie, Seite 41: Die Kontakte zwischen digitalem Kapitalismus und Ölkonzernen haben sich seit der Einführung der Künstlichen Intelligenz vervielfacht. In China stammen 73 % des Energieverbrauchs von Rechenzentren aus Kohle, die Datenmengen und damit der Energiebedarf werden wegen der Künstlichen Intelligenz in den kommenden Jahren voraussichtlich explodieren. .

Höchste Zeit also, die demokratische Kontrolle über die Wirtschaft zurückzugewinnen.

Für eine Wirtschaft, die unterscheidet zwischen sinnvollen und schädlichen Geldflüssen

Wenn von Wirtschaftswachstum die Rede ist, dann ist das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemeint. Es bildet den Wert aller Waren und Dienstleistungen ab, die innerhalb der Landesgrenzen erwirtschaftet werden.

Dieser Wert ist eine rein finanzielle Größe. Es geht allein um die Höhe einer Geldsumme, nicht darum, ob mit diesem Geld die Lebensqualität der Menschen verbessert wurde oder nicht.

„Brutto“ ist das „Bruttoinlandsprodukt“ deshalb, weil es den Warenwert vor dem Wertverlust abbildet. Nicht erfasst werden also beispielsweise der Verfall von Straßen und Stromnetzen, der Verlust von Bausubstanz – und auch nicht ökologische Schäden.

Als rein finanzielle Größe kann das BIP nur erfassen, was sich in einem Geldbetrag abbilden lässt. Es spiegelt also nicht die gesellschaftliche Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeiten wie Hausaufgaben-, Obdachlosen- und Nachbarschaftshilfe, Engagement in Sportvereinen, Hospizen und Naturschutzverbänden. Und es erfasst auch nicht die Bedeutung gesellschaftlich wichtiger, aber tendenziell unterbezahlter Aufgaben wie Pflege und öffentlicher Transport.

Daraus wird eines deutlich: Wie hoch auch immer man die Bedeutung des BIP-Wachstums einschätzen mag – die oberste, gar absolut gesetzte Maxime unseres Wirtschaftens darf es nicht sein.

Das BIP unterscheidet nicht zwischen sinnvollen und schädlichen Geldflüssen. Es wäre auch zu viel verlangt, diese Unterscheidung von der Wirtschaft zu erwarten. Das ist Aufgabe der Politik.

Für eine Politik, die den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen von der Wirtschaft einfordert

Die planetaren Grenzen, von denen unser Überleben abhängt, werden im Bruttoinlandsprodukt nicht abgebildet. Ein Waldbrand mag für die Natur noch so verheerend sein und noch so viel CO2 freisetzen: Aus BIP-Sicht sind die Werte, die dadurch zerstört werden, gleich Null – es sei denn, der Wald wurde zuvor wirtschaftlich genutzt. Darüber hinaus wird der Brand wirtschaftlich erst wieder relevant durch die Investitionen in den anschließenden Wiederaufbau.

Wenn wir also eine Wirtschaft wollen, die unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt, statt Anreize zu ihrer Zerstörung hinzunehmen, dann müssen wir in das Wirtschaftsgeschehen politisch eingreifen. Es ist an der Politik, den Markt so zu justieren, dass die Marktkräfte Teil der Lösung werden können.

Beispiel
Bhutan: Glück und Klimaschutz gehören zusammen

Bhutan https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/himalaja-region/bhutan-glueck-klima-und-naturschutz-als-nationaler-wert , https://taz.de/Parlamentswahl-im-Himalaya/!5984910/ , https://de.wikipedia.org/wiki/Bhutan, im Himalaya hat ungefähr die Größe der Schweiz, aber kaum 800.000 Einwohner. Als eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt kann es nicht auf Wachstum verzichten. Das tut es auch nicht: Bhutan öffnet seine atemberaubend schöne Natur für Tourismus. Allerdings nicht für massenhaften Billig-Tourismus, sondern für eine begrenzte Anzahl von Menschen, die bereit sind, für Qualität und Nachhaltigkeit gut zu bezahlen. Eine weitere wichtige Einnahmequelle ist der Export von grünem Strom aus Wasserkraft, über den das Land reichlich verfügt.

Um für Menschen attraktiv zu bleiben, die unberührte Landschaften lieben, muss Bhutan seine Natur bewahren. Das tut es ohnehin: Die Bevölkerung ist sehr naturverbunden. Wie wichtig Umwelt- und Naturschutz sind, wird in der Schule intensiv vermittelt. Per Gesetz wurden 51 % der Landesfläche unter Schutz gestellt, 60 % müssen für immer bewaldet bleiben.

Internationale Aufmerksamkeit ist Bhutan auch deshalb sicher, weil es das einzige Land der Erde ist, das sich verpflichtet hat, vollständig klimaneutral zu bleiben. Und das sind keine leeren Worte: 2013 wies Bhutan sogar eine CO2-negative Bilanz auf.

Allzu ideal dürfen wir uns Bhutan dennoch nicht vorstellen. Zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen kommt es immer wieder zu erheblichen Spannungen. Die Religion nimmt Einfluss auf die Politik, unter anderem über Sitze in der Nationalversammlung, die für den buddhistischen Klerus reserviert sind. Die Wirtschaftszahlen waren zuletzt schlecht, die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, viele wandern aus. Wohl vor allem deshalb wurde Anfang 2024 die Regierung abgewählt.

Die künftige Regierung wird jedoch an der umwelt- und klimafreundlichen Ausrichtung des Landes nichts ändern. Denn was die Menschen von ihr erwarten, ist nicht wirtschaftlicher Erfolg um jeden Preis: Bhutan ist das einzige Land der Erde, das Erfolg am tatsächlichen Glück seiner Bevölkerung misst. Deshalb sind wirtschaftliche Aspekte immer nur ein Teil des Erfolgs, der sich im „Bruttonationalglück“ ausdrückt. Genauso wichtig sind Werte wie Bewahrung der Natur, Gemeinschaft und Schonung des Klimas.

Es ist ein Skandal, wie sehr dieses Land, das nichts zur Erderhitzung beiträgt, unter ihr leiden muss: Seine Gletscher schmelzen. Immer wieder wird es heimgesucht von heftigen Regenfällen, Überschwemmungen und Erdrutschen. Zudem haben die klimatischen Veränderungen zu Wassermangel geführt.

So leidet Bhutan darunter, dass Regionen wie Europa die Lektion nicht lernen wollen, die es für die Welt bereithält: Wirtschaftswachstum ja, aber nur so lange, wie es das Wohlbefinden der Menschen tatsächlich verbessert, und nur so, dass es dem Klima nicht schadet.

Der brutalen Verabsolutierung eines Wachstums ohne Rücksicht auf die planetaren Grenzen setzt Bhutan Werte entgegen, wie sie den Menschen aus der Landesreligion vertraut sind: Es geht im Leben nicht darum, maßlos nach immer mehr zu streben und dabei die Natur zu zerstören. Woran sich die Menschen in Bhutan stattdessen orientieren, ist ein Zustand der Zufriedenheit in Harmonie mit ihren Mitmenschen und mit der Natur.

Relevanz
Fehlanreize

Wirtschaftliches Wachstum hat die Lebensbedingungen vieler Menschen verbessert und kann dies auch weiter tun. Aber wo es absolut gesetzt wird, sind Fehlanreize unvermeidlich:

Um solchen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, brauchen wir eine Politik, die die Wirtschaft demokratisch kontrolliert und die sie auf die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet.

Für eine Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen

Die Lösung besteht nicht darin, Wachstum prinzipiell abzulehnen: In wirtschaftlich unterentwickelten Ländern ist Wachstum ebenso sinnvoll wie in wichtigen Zukunftsbranchen. Was wir überwinden müssen, ist nicht das Wachstum an sich, sondern ein Wachstum ohne Rücksicht auf gesellschaftliche und ökologische Folgeschäden.

Als oberste Maxime muss gelten: Unsere Wirtschaft muss sich innerhalb der Grenzen der planetaren Ressourcen bewegen. In diesem vorgegebenen Rahmen muss es gelingen, alle Menschen mit gesunder Nahrung und Wohnraum zu versorgen und ihnen Mobilität, gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen.

Das Gewinnstreben bleibt ein Motor für wirtschaftliche Entwicklung. Es muss aber so eingehegt werden, dass es unsere natürlichen Lebensgrundlagen nicht zerstört.

Primat der Politik

Drei Akteure sind es vor allem, die unsere Wirtschaft gestalten: die Unternehmen, die KonsumentKonsumenten und die Politik. Wie können sie dazu beitragen, dass der aktuelle Kurs der Selbstzerstörung abgelöst wird durch eine Wirtschaft, die unsere Ressourcen schont und schnell genug aus den fossilen Energien aussteigt?

Von den Unternehmen ist der nötige Kurswechsel nicht zu erwarten. Sie stehen unter Druck, auf Kosten ihres Wettbewerbs immer weiter zu wachsen und so ihre Gewinne immer mehr zu steigern.

Auch die KonsumentKonsumenten können allenfalls wenig erreichen. Denn sogar die Gutwilligen unter ihnen fühlen sich entmutigt, weil sie als Einzelne handeln – und die Kaufentscheidungen Einzelner können nun mal nur minimal zur Lösung beitragen.

Es kommt deshalb vor allem auf die Politik an. Nur wenn sie die richtigen Vorgaben macht, können auch Unternehmen und KonsumentKonsumenten ihren Beitrag leisten.

Forderungen
Ziel

Noch versteht die Politik ihre Aufgabe in erster Linie als Durchsetzung eines Wirtschaftskurses, in dem die Rettung unseres Klimas allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt. Stattdessen fordern wir eine Wirtschaftspolitik, in der die Bewahrung unserer extrem bedrohten natürlichen Lebensgrundlagen an erster Stelle steht.

Entkräften von Gegenargumenten
Gegenargument „Grünes Wachstum“

„Kann die Wirtschaft denn nicht innerhalb der planetaren Grenzen unbegrenzt weiter wachsen, indem sie Energie immer effizienter nutzt, Ressourcen schonend abbaut und recycelt sowie die Energiezufuhr ganz auf erneuerbare Energien umstellt?“

Antwort

Auf diese Frage gibt es aktuell keine eindeutige Antwort, die sich auf die Wissenschaft berufen könnte, weil in der Wissenschaft darüber keine Einigkeit besteht. Als wissenschaftlich orientierte Partei verfolgen wir die Entwicklung in den Wirtschaftswissenschaften und in der Technik kontinuierlich weiter und bleiben offen für neue Lösungen. Das hindert uns aber nicht daran, heute das zu fordern, was Stand heute notwendig ist.

Tatsache ist: Heute leben wir in einer Wirtschaft, die die planetaren Grenzen grob missachtet, Ressourcen verschwendet, ihren Energiehunger weitaus überwiegend aus fossilen Energien stillt, dadurch die Erderhitzung weiter verschlimmert und die weit davon entfernt ist, diesen extrem gefährlichen Kurs vor Erreichen entscheidender Kipppunkte zu korrigieren.

Deshalb muss heute alles getan werden, um diesen Kurs zu ersetzen durch eine Wirtschaftsweise, die den Treibhausgasausstoß innerhalb kürzester Zeit auf Netto Null herunterfährt und die nicht mehr Ressourcen verbraucht, als nachhaltig möglich ist.

Sollte diese Transformation mit Wirtschaftswachstum vereinbar sein: Dann wird ein solches umweltverträgliches Wachstum an der Klimaliste nicht scheitern. Sollte sich jedoch herausstellen, dass der rasche Ausstieg aus den fossilen Energien nur möglich ist, wenn wir – und sei es nur vorübergehend – auf Wirtschaftswachstum verzichten: Dann wird die Klimaliste auch diesen Kurs mittragen, die erforderlichen Einschränkungen akzeptieren und sich dafür einsetzen, dass die Transformation sozial gerecht erfolgt.

Gegenargument „Technischer Fortschritt“

„Werden sich die ökologischen Probleme nicht mit der Entwicklung neuer Technologien von selbst erledigen?“

Antwort

Wir sind offen für neue technische Lösungen. Technologischer Fortschritt kann uns bei der Abwendung der Klimakatastrophe helfen, beispielsweise durch immer effizientere und günstigere Speicher für erneuerbare Energien. Dennoch wird uns ungesteuerter technologischer Fortschritt allein nicht aus der Krise führen. Denn parallel zu den klimaschonenden Technologien bringt der Fortschritt auch Technologien hervor, die die Klimakatastrophe weiter verschlimmern, weil sie den Ressourcen- und Energiebedarf ins Unermessliche steigern, wie Kryptowährungen https://www.deutschlandfunk.de/studie-kryptowaehrungen-belasten-umwelt-und-klima-enorm-102.html , Künstliche Intelligenz https://www.dw.com/de/wie-k%C3%BCnstliche-intelligenz-der-umwelt-schadet/a-66305844 oder neue Passagierflugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/ueberschallflug-umweltexperten-warnen-vor-concorde-nachfolgern-a-1250610.html , https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/ueberschallflugzeug-technik-forschung-geschichte-101.html , https://www.diepresse.com/17988539/nasa-zeigt-neues-ueberschallflugzeug-das-ohne-knall-fliegen-soll , https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberschallflug#Praxis .

Deshalb darf die Politik die technologische Entwicklung nicht sich selbst überlassen, sondern muss steuernd eingreifen, indem sie klimafreundliche Technologien fördert und klimaschädliche bekämpft. Entschlossen genug wird sie das nur dann tun, wenn sie die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen an die erste Stelle setzt.

Gegenargument „Internationale Konkurrenzfähigkeit“

„Gerät die Europäische Union nicht international ins wirtschaftliche Abseits, wenn sie ihre Wirtschaft umstellt auf eine klimaschonende Kreislaufwirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen?“

Antwort

In der Tat ist die EU dabei auf internationale Zusammenarbeit angewiesen. Aber warum sollte diese Zusammenarbeit nicht möglich sein?

Die Globalisierung zeigt, dass wir uns sehr wohl international koordinieren können. Bisher haben wir das vor allem für den Profit getan, zu oft auf Kosten unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Ab jetzt muss oberstes Ziel der internationalen Zusammenarbeit sein, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Das ist mindestens ebenso im Interesse aller wie der Austausch von Waren. Wenn die Europäische Union ihren Teil zur klimaschonenden Umgestaltung der Weltwirtschaft beiträgt, kann sie die bereits vorhandenen internationalen Strukturen nutzen, um auch andere Länder für unser gemeinsames Überleben zu gewinnen.

Weitere Quellen
Ein neuerer Vertreter der Degrowth-Bewegung, die Wachstum überwinden und die Wirtschaft schrumpfen will, ist der französische Ökonom Timothée Parrique https://www.youtube.com/watch?v=RkEYYNCj-ws : - Timothée Parrique (2022): Ralentir ou périr: L'économie de la décroissance In Deutschland wurde die Diskussion über die Grenzen des Wachstums zuletzt vor allem angeregt durch die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann https://www.youtube.com/watch?v=n3K7mSvRUq4 : - Ulrike Herrmann (2022): Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden Eine vielbeachtete Ökonomin, die Wirtschaftswachstum für unverzichtbar und für vereinbar mit Klimaschutz hält, ist Mariana Mazzucato https://de.wikipedia.org/wiki/Mariana_Mazzucato : - Mariana Mazzucato (2021): Mission. Auf dem Weg zu einer neuen Wirtschaft https://www.wmn.de/health/psychologie/bhutan-gluecksindex-id33823, https://de.wikipedia.org/wiki/Bruttonationalgl%C3%BCck

Faire Handelsverträge

Einleitung in das Thema

Die Wirtschaft muss grundlegend transformiert werden, um die Erderhitzung zu begrenzen und eine Anpassung an ihre bereits eintretenden Folgen zu erlauben. Allerdings sind alle Strukturen in den bestehenden Handelsverträgen darauf ausgelegt, den Profit vor Gemeinwohlinteressen, Klima- und Umweltschutz sowie Menschenrechte zu stellen sowie die bestehenden Investitionen zu schützen und noch auszuweiten, z. B. durch Privatisierung oder Beschränkung der Mitspracherechte der Bevölkerung. Mit der geplanten Einführung eines Investorschiedgerichts und exklusiven Klagerechten in der EU würde der durch die Handelsverträge angerichtete Schaden für das Gemeinwohl noch potenziert. Das steht der benötigten Transformation im Weg.

Die Europäische Union importiert in großem Maße Klimagase, 400 Mio. t/Jahr allein durch die Landwirtschaft. Das ist mehr, als auf ihrem Gebiet absorbiert wird. Insgesamt verursacht die EU mehr als 20 % ihrer CO2-Emissionen durch Importe. Der Handelsverkehr trägt schätzungsweise 5 % zu den Klimagasemissionen bei, was aber im Klimaabkommen von Paris noch nicht bilanziert ist.

Die Europäische Union hat Handelspolitik als ein Kernthema. Von Beginn an war sie wichtig, zuerst zum Aufbau eines europäischen Binnenmarktes, der Zollabbau und die Angleichung vieler Standards brachte, vor allem im Bereich Verbraucherschutz und Umweltschutz. Es wurden Milliardensummen für Infrastrukturprojekte in den unterentwickelten Regionen der EU ausgegeben, um auch eine Angleichung von Produktions- und Wirtschaftsbedingungen zu erreichen. Eine Einigung bei Sozialstandards und Steuern hingegen wird ausgespart – in diesen Bereichen sollen die Nationalstaaten um Investitionen konkurrieren. An den günstigsten Standorten würden dann die meisten Investitionen getätigt, die dann Arbeitsplätze und Wohlstand für die Bevölkerung bringen würden – so die Logik. Am Ende wurde noch der Euro in einigen Ländern eingeführt, der dort eine noch weitergehende finanzpolitische Einheit brachte. Parallel verlagerte sich auch die Zielsetzung: Es sollte weiteres Wirtschaftswachstum generiert werden, indem die EU ihre Produkte gewinnbringend über offene Märkte in aller Welt absetzen kann. Ende der 90iger-Jahre wurde global bereits versucht, ein Investitionsschutzabkommen zu schaffen (Multilateral Agreement on Investment MAI), die Pläne aber fallen gelassen, nachdem das Vorhaben durch ein Leak in die Öffentlichkeit gelangt war und gleich starken Widerstand hervorrief. Der Versuch der Welthandelsorganisation (WTO), in den frühen 2000er-Jahren ein weltweites Handelsabkommen zu schaffen, scheiterte am Widerstand vor allem der BRICS-Staaten. Stattdessen gibt es mehr als 1000 bilaterale Verträge zwischen einzelnen Staaten.

Problembeschreibung

Der Vertrag von Lissabon 2009 übertrug der EU-Kommission das Mandat, für alle EU-Länder gemeinsam Freihandelsverträge auszuhandeln. Das geschieht jetzt bilateral zwischen EU und einzelnen Ländern oder in Ausnahmefällen mehreren Staaten gleichzeitig wie bei Mercosur, dem Verbund von Brasilien, Argentinien, Bolivien und Paraguay. Die Partnerstaaten können entwickelte Ökonomien sein wie Kanada, USA und Japan oder Länder des globalen Südens wie Chile oder Mexiko. Alle Verträge eint, dass sie weit über ein Freihandelsabkommen hinausgehen und auch die Wirtschaften koppeln sollen. Häufig sind exklusive Investorenklagerechte gegen Staaten vorgesehen, die vor Investorschiedsgerichten (in der EU vor einem eigens dafür zu schaffenden Investorschiedsgerichtshof) durchgeführt werden sollen. Weiterhin werden auch Ausschüsse (angeschlossen an das Direktorat Handel der EU-Kommission) geschaffen, die über die Angleichung der Standards und Rechtsprechung beschließen sowie auch Verträge ändern können.

Der erste Vertrag, der das alles enthält, ist CETA, der Vertrag der EU mit Kanada. CETA soll die Blaupause für alle weiteren Verträge liefern. Nach großen Protesten der Öffentlichkeit in Europa wurde in Anhängen und Zusatzkapiteln auf Umweltstandards und soziale Standards Bezug genommen, diese sind aber weder einklagbar noch wirksam sanktionierbar. Beteiligung von BürgerBürgern oder das Pariser Klimaabkommen von 2015 werden im Vertrag nicht einmal erwähnt.

Das deutsche Parlament hat CETA in der seit 2017 vorliegenden Form im Dezember 2022 zugestimmt – entgegen den Versprechungen im Wahlprogramm sowohl von SPD als auch den Grünen. Eine Analyse der Änderung zeigt, dass auch der Zusatz in seiner Endformulierung, der inzwischen durch ein Leak an die Öffentlichkeit kam, nichts substanziell an dem Vertrag geändert hat. Klar ist, dass damit das deutsche Parlament einer Entmachtung der demokratisch gewählten Parlamente in Deutschland und EU zugestimmt hat.

Wenn CETA von allen EU-Ländern ratifiziert ist, kann der Investorschiedsgerichtshof eingerichtet werden. Diese Urteile würden EU-Recht und deutsches Recht überschreiben und damit auch die Gültigkeit des Grundgesetzes erodieren.

Gerade wurden die Verträge mit Mexiko und Chile beschlossen. Mercosur als der bei Weitem größte und wichtigste Vertrag soll nach dem Willen der EU-Kommission auch noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden, aber die Verhandlungen stocken.

Was die Freihandelsverträge enthalten
Forderungen
  1. Die EU muss die Investorklagerechte aussetzen und auf die Einrichtung des Investitionssgerichtsystems verzichten. Auch die von der EU selbst in Auftrag gegebene Studie des deutschen Richterbundes warnt vor den Investorklagerechten. Sie behindern auch effektiv die Transformation der Wirtschaft, wie man am Beispiel des Energiecharta-Vertrages sieht ,.
  2. Die EU-Kommission muss alle Vorgänge in den bereits bestehenden Ausschüssen endlich transparent machen: Listen von TeilnehmerTeilnehmern, Tagesordnungen, Protokolle. Das fehlt bislang, es werden lediglich am Ende kurze Zusammenfassungen und die schlussendlich gefassten Beschlüsse veröffentlicht. Auch ein Überblick über die verschiedenen Ausschüsse ist nicht öffentlich zugänglich.
  3. Die EU muss alle Verträge neu verhandeln. Versprochen wurde, dass alle neuen Verträge wirksame Klauseln zu Klima- und Umweltschutz sowie zu Arbeitnehmerrechten und dem Schutz von Gemeinwohlinteressen erhalten sollen. Zusatzerklärungen lösen das Problem nicht, wie am Beispiel CETA oder Mercosur bereits zu sehen ist. Allerdings weigert sich die EU, die bereits in Verhandlung befindlichen Verträge zu ändern. Das muss aber umgehend geschehen.
  4. Die EU darf Mercosur in der vorliegenden Form nicht ratifizieren.
  5. Die EU muss faire Handelsverträge mit dem globalen Süden abschließen.
  6. Faire Lieferketten müssen in die Handelsverträge integriert werden (z. B. Beachtung der ILO-Normen, Schutz indigener Bevölkerung, schonende Rohstoffgewinnung).
Ziel

Das Prinzip der Lösung muss sein: Regional und angepasst produzieren, reparieren und wiederverwerten. Benötigte Ressourcen aus anderen Ländern unter Berücksichtigung der dortigen ökologischen und ökonomischen Verhältnisse beziehen. Menschenrechte achten, ArbeitnehmerArbeitnehmer schützen. Die EU muss die CO2-Emissionen aus anderen Ländern und den Fußabdruck an Landnutzung verringern.

Entkräften von Gegenargumenten
Wir brauchen freien Handel, um unseren Wohlstand zu halten.

Es geht bei den Verträgen nicht einfach um freien Handel und auch nicht um unseren Wohlstand. Im Vordergrund stehen Konzerninteressen. Bei der Ratifizierung von CETA durch das deutsche Parlament im Dezember 2022 ging es im Wesentlichen um die Einführung von Investorklagerechten. Alles andere war bereits auf EU-Ebene ratifiziert. Investorklagerechte aber blockieren effektiv die nötige Transformation der Wirtschaft. Bei Mercosur geht es um die Einführung von Soja und Rindfleisch in die EU, was dort zu einer weiteren Abholzung des Amazonas führt und hier zu einer Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft. Im Gegenzug soll Südamerika Autos aus der EU importieren, was dort zum Abbau von qualifizierten Arbeitsplätzen und technologischer Entwicklung führt, aber dem Verbrennermotor noch ein langes Leben beschert.

Wir müssen mit unseren Freunden Handelsverträge schließen, um China draußen zu halten.

Abgesehen davon, dass die EU auch mit China einen Handelsvertrag geschlossen hat: Die großen Länder des globalen Südens haben längst China als einen verlässlichen und oft auch faireren Partner kennen gelernt. Daran werden Handelsverträge nichts ändern, die häufig nur alte koloniale Abhängigkeiten zementieren wollen. Im westlichen Lager hilft es der Freundschaft zu Kanada nicht, wenn Konzerne jetzt den jeweils anderen Staat verklagen können. Kanada selbst hat es als großen Sieg gefeiert, dass im neuen Handelsvertrag mit den USA die Investorklagerechte beendet sind.

Kosten

Die Finanzierung ist hier kein Problem. Durch den Verzicht auf das Investitionsgerichtssystem würden im EU-Haushalt schätzungsweise ca. 0,5 Mrd. € eingespart. Darüber hinaus würden Klagerechte die Staatshaushalte weiter belasten, während Konzerne noch höhere Gewinne einfahren könnten. Durch den Mercosurvertrag würde die Landwirtschaft Milliarden-Hilfen durch die EU benötigen (während wiederum insbesondere die deutschen Automobilhersteller höhere Gewinne machen). Den französischen LandwirtLandwirten wurden damals bereits solche Ausgleichszahlungen versprochen.

Lieferketten

Gemeinsame Forderung mit der Tierschutzpartei

Dieses Thema teilen wir inhaltsgleich mit der Partei Mensch, Umwelt, Tierschutz. Wir stehen für kooperative Politik und arbeiten konstruktiv mit anderen Parteien zusammen.

Einleitung in das Thema

Am 3. März 2021 hat das Kabinett der Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Sorgfaltspflichtengesetz) beschlossen. Dieser Schritt war längst überfällig, nachdem freiwillige Ansätze zur Umsetzung der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen (UNLP) von 2011 gescheitert waren. Doch auch mit dem aktuellen Sorgfaltspflichtengesetz können deutsche Unternehmen durch ihre Geschäftstätigkeit in anderen Ländern elementare Arbeits- und Menschenrechte verletzen und zur Zerstörung von Umwelt und Klima beitragen. Deswegen muss das bestehende Gesetz mit Blick auf die bestehenden Gesetzeslücken nachgebessert und verschärft werden Antrag der Fraktion Die Linke - Drucksache 19/29279 (bundestag.de).

Problembeschreibung

Dank des starken Einflusses der Konzernlobby bleibt das aktuelle Sorgfaltspflichtengesetz nicht nur weit hinter den gesellschaftlichen Erwartungen, sondern auch hinter den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNLP) UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zurück.

Es wurde durch Lobbydruck seitens des CDU-Wirtschaftsrats und von Unternehmensverbänden wie BDI, BDA und DIHK versucht, den Gesetzesentwurf zu stoppen bzw. zu verwässern. Die Priorisierung der Wirtschaftsinteressen findet sich im Gesetzestext wieder und lässt in der aktuellen Fassung kaum eine Verbesserung für die Betroffenen entlang der Lieferkette zu Antrag der Fraktion Die Linke - Drucksache 19/29279 (bundestag.de) .

Das aktuelle Gesetz sieht vor, dass bis 2024 nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden verpflichtet werden, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben Bundesministerium für Arbeit und Soziales – CSR – Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz (csr-in-deutschland.de) .

Beispiel

Damit ist der Anwendungsbereich des Gesetzes auf weniger als 0,1 % der in Deutschland gemeldeten Unternehmen beschränkt. Problematisch ist, dass sich der Entwurf nicht an bekannten Größenordnungen orientiert und nicht nach besonderen Risiken der Geschäftstätigkeit differenziert. So gelten in Deutschland nach Definition im Handelsgesetzbuch schon Unternehmen ab 250 Beschäftigten als groß Initiative Lieferkettengesetz.de - Rechtliche Stellungnahme zum Regierungsentwurf „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten" ( Argumente für ein wirksames Lieferkettengesetz) .

Relevanz

Zudem sind in dem gegenwärtigen Gesetz Umweltaspekte nur marginal abgedeckt. Eigenständige umweltbezogene Sorgfaltspflichten einschließlich konkreter Bezüge zum Arten- und Klimaschutz fehlen. Das Gesetz sollte den Schutz der Umwelt präventiv angehen und die Umweltsituation in ihrer Gesamtheit verbessern. Der im Gesetzentwurf enthaltene Ansatz kommt allerdings nicht dem Präventionsgrundsatz des Umweltrechts nach und vernachlässigt in der aktuellen Fassung die Erhaltung der Umwelt für künftige Generationen Environmental Justice Fundation – EJF_Briefing_Lieferkettengestz_2021.pdf (ejfoundation.org).

Des Weiteren greift das stufenweise Verfahren, nach dem der volle Umfang der Sorgfaltspflichten nur auf den eigenen Geschäftsbereich sowie unmittelbare Zulieferer gilt, zu kurz. Verletzungen von Menschenrechten und Umweltschutz-Standards finden nachweislich häufig am Anfang von Wertschöpfungsketten statt. Das anlassbezogene Tätigwerden bei mittelbaren Zulieferern widerspricht geltenden internationalen Menschenrechtsstandards wie dem risikobasierten Vorsorgeprinzip der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Der Anreiz für Unternehmen, sich mit den diversen Stakeholdern auszutauschen, droht damit zu schwinden, um nicht von Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten zu erfahren ebd..

Forderungen

Wir stellen folgende Änderungsforderungen:

Anwendungsbereich auf Unternehmen mit geringerer Beschäftigtenzahl erweitern.

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten sollte auf große Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden im Sinne des Handelsgesetzbuches erweitert werden. Es muss für alle Lieferketten – sektorenübergreifend und einschließlich des finanziellen Sektors – sowie für die gesamte Lieferkette gelten. Kleine und mittlere Unternehmen sollten bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten unterstützt werden, anstatt sie per Gesetz auszuschließen.

Umweltbezogene Sorgfaltspflichten einbeziehen.

Das Gesetz sollte den Schutz der Umwelt präventiv angehen und die Umweltsituation in ihrer Gesamtheit verbessern. Klare Standards für den Schutz der Umwelt sowie detaillierte Ausführungen zu den von Unternehmen zu erstellenden Risikoanalysen in Bezug auf direkte und indirekte Beeinträchtigungen der Umwelt sind notwendig. Es muss eine umweltbezogene Sorgfaltspflicht verankert, sowie klare, messbare und umfassende Definitionen von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen und einen spezifischen Bezug zu Umweltthemen wie Klima, Biodiversität, Ozean, Wälder und Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung definiert werden.

Die Verantwortung der Unternehmen auf die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette beziehen.

Die Verantwortung mittelbarer Zulieferer muss durch risikobasierte Kriterien erweitert werden. Unternehmen müssen verpflichtet werden, hinsichtlich der Verletzung von Menschenrechts- und Umweltstandards präventiv zu ermitteln, ihnen aktiv zu begegnen, darüber zu berichten und gegebenenfalls Beschwerdeverfahren zu ermöglichen. Die Sorgfaltspflichten und Risikoprävention müssen mindestens die internationalen Standards der OECD und der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erfüllen.

Ziel

Durch die Umsetzung der genannten Änderungsforderungen würden kritische Lücken des aktuellen Gesetzes geschlossen werden. Ein lückenloses Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten ist von großer Wichtigkeit für eine nachhaltige Wirtschaft ohne Menschenrechts-Verletzungen.

Gegen Greenwashing und Scheinklimaschutz

Einleitung in das Thema

Greenwashing suggeriert VerbraucherVerbrauchern angeblich klimaneutrale Produkte oder Maßnahmen. Dies führt neben einer Wettbewerbsverzerrung zu einem beruhigten Gewissen der VerbraucherVerbraucher und weniger Klimaschutzmaßnahmen/Lebensstilanpassungen dieser. Aufgrunddessen wurde bereuts ein europäisches Gesetz gegen Greenwashing durch Unternehmen verabschiedet.

Problembeschreibung

Parallel zu Greenwashing-Aussagen von Unternehmen gibt es international durch alle Regierungen sowie Organe der Exekutiven beschönigende Aussagen zum eigenen Umsetzungsstand von Klimaschutzmaßnahmen sowie aktuell notwendigem Klimaschutz. Dies reduziert aufgrund des Aufmalens einer "Klimaillusion", in welcher wir uns auf einem innovativen, gut eingehaltenen Pfad zur Klimaneutralität befänden, die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Warnungen und wirkt mindestens ebenso kontraproduktiv auf echte Klimaschutzmaßnahmen wie unternehmerisches Greenwashing.

Forderungen
Aus diesem Grund fordert die Klimaliste Deutschland:

Werbeverbot für klimaschädliche Produkte und Dienstleistungen

Einleitung in das Thema

In unserem auf Konsum aufgebauten Wirtschaftssystem sind wir täglich von Werbung umgeben, die uns zum Kaufen animiert. Dabei ist es irrelevant, um welches Produkt oder welche Dienstleistung es sich handelt.

Problembeschreibung

Einige dieser Produkte und Dienstleistungen, wie Flüge, Kreuzfahrten, Verbrennerautos, Rindfleisch und Milchprodukte, verursachen Treibhausgase und tragen damit zur Erderhitzung bei. Der aktuelle Bericht des Weltklimarates (IPCC) betont die direkten Auswirkungen auf die Erderhitzung durch Werbung und PR für fossile Brennstoffe. Daher sollten sie in keiner Weise beworben werden.

Beispiel

Genussmittel wie Alkohol und Tabakwaren sind aus Gründen des Jugend- und Gesundheitsschutzes mit Werbeverboten belegt. Nicht jugendfreie Filme und Serien sowie Werbespots für diese dürfen nur zu bestimmten Sendezeiten ausgestrahlt werden. Einschränkungen der Werbefreiheit sind zulässig, wenn sie durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sind.Petition (2021): Allgemeines Verbot der Bewerbung von besonders klimaschädlichen Produkten Dies ist gegeben, da die Produkte und Dienstleistungen aus gesundheitlicher, ökologischer und langfristig durch die Erderhitzung auch aus ökonomischer Sicht für Individuum und Gesellschaft schädigend sind.Greenpeace-Initiative: Werbeverbot für fossile Energien

Relevanz

Durch die Bewerbung eines klimaschädlichen Produktes werden Menschen zu umweltunfreundlichen Konsumentscheidungen angeregt, besonders, wenn dieses allgegenwärtig und als Teil des täglichen Lebens erscheint. So wird ein „Weiter so“ suggeriert. Dabei sollte jedes klimaschädliche Produkt so schnell wie möglich durch eine bessere Alternative ersetzt werden.

Forderungen

Wir fordern ein Verbot für besonders emissionsintensive Produkte und Dienstleistungen. Dies beinhaltet TV-, Kino- und Radio-Spots, Werbung in Printmedien und Außenwerbung auf Plakaten o. Ä. sowie digitale Werbeanzeigen auf Webseiten.

In Frankreich und den Niederlanden ist ein solches Werbeverbot bereits im Gespräch bzw. in Umsetzung. Der IPCC empfiehlt deutlich, Unternehmenswerbung zu regulieren.

Ziel

Wenn lediglich klimaschonende Produkte beworben werden, haben sie klimaschädlichen Produkten gegenüber einen Wettbewerbsvorteil und werden häufiger gekauft. Damit etablieren sich Konsumgewohnheiten, die letztlich auch dazu motivieren, klimafreundlichere Produkte herzustellen.

Reparatur von Waren stärken

Einleitung in das Thema

Durch die Reparatur von Konsumgütern entsteht weniger Abfall, Ressourcen werden eingespart und es ist klimafreundlicher als die Entsorgung und der Neukauf. In der EU entstehen jedes Jahr Emissionen in Höhe von 261 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent und 35 Mio. Tonnen Abfall. Gleichzeitig werden 30 Mio. Tonnen Ressourcen verschwendet.https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20231117IPR12211/reparieren-statt-ersetzen-neue-eu-regeln-fur-nachhaltiges-verbraucherverhalten Um dem entgegen zu wirken, wurde das s. g. „Recht auf Reparatur“ beschlossen. Auch die aktuelle Arbeit an einer neuen „Ökodesign-Richtlinie“ (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, kurz: ESPR). ermöglicht es ökologisch nachhaltige Produkte zu kategorisieren und ihre Produktion zu fördern.https://commission.europa.eu/energy-climate-change-environment/standards-tools-and-labels/products-labelling-rules-and-requirements/sustainable-products/ecodesign-sustainable-products-regulation_en?prefLang=de&etrans=de#timeline

Problembeschreibung

Durch mangelnde Informationen bezüglich der Nachhaltigkeit von Konsumgütern beim Kauf wird es den VerbraucherVerbrauchern erschwert eine ökologisch nachhaltige Kaufentscheidung zu treffen. Der geplante digitale Produktpasshttps://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022PC0142 und die Einführung eines Europäischen Formulars für Reparaturinformationen schaffen hier mehr Transparenz für die VerbraucherVerbraucher, jedoch erfordert er von ihnen eine Bereitschaft/ ein Interesse sich gezielt zu informieren. Dies kann nicht voraus gesetzt werden.

Relevanz

Es ist wichtig ökologisch-nachhaltige Kaufentscheidungen zu fördern und den Kauf von ökologisch-nachhaltigen Produkten für die VerbraucherVerbraucher attraktiver zu gestalten.

Fortschritt

Um Müll, insbesondere Elektroschrott, zu vermeiden, hat die EU mit dem 2023 final verabschiedeten Recht auf Reparaturhttps://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:cdbeaa83-c94e-11ed-a05c-01aa75ed71a1.0023.02/DOC_1&format=PDF eine wichtige Grundlage geschaffen, die VerbraucherVerbrauchern z.B. Zugang zu wichtigen Datenblättern, die für eine Reparatur benötit werden, grundsätzlich ermöglichen soll. Darin werden unter Anderem folgende Dinge geregelt:

In Arbeit ist derzeit eine Ökodesignrichtliniehttps://commission.europa.eu/energy-climate-change-environment/standards-tools-and-labels/products-labelling-rules-and-requirements/sustainable-products/ecodesign-sustainable-products-regulation_en?prefLang=de die zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft beitragen soll. Dabei erhalten Produkte einen digitalen Produktpass, mit dem VerbraucherVerbraucher Informationen über Recyclebarkeit oder Reparierbarkeit herausfinden können.

Forderungen

Wir möchten die Einführung dieser Richtlinie unterstützen und einen unkomplizierten Zugang zum Produktpass sicherstellen. Einen Reparaturindex gibt es derzeit bereits in Frankreich.https://www.germanwatch.org/de/18549

Ziel

Der Reparaturindex würde den Verbraucher zum Kauf eines möglichst einfach zu reparierenden Produkts befähigen. Dadurch würde wiederum der Druck auf die Hersteller steigen, reparatufähige Produkte herzustellen. Hier EU-weit ein einheitliches System zu schaffen, ermöglicht es HerstellerHerstellern und VerbraucherVerbrauchern sich innerhalb des europäischen Marktes auf gleiche Bedingungen einzustellen.