Der Verkehr ist heute in erster Linie auf das Auto ausgerichtet. Wer dabei zu kurz kommt, ist der Mensch: Unsere Gesundheit leidet unter der Feinstaub-, Stickstoffoxid- und Lärmbelastung
In den Städten brauchen wir viel mehr Raum für Parks und andere Grünflächen. Denn wo Bäume und Sträucher gedeihen, finden Menschen Erholung. Zudem brauchen wir entsiegelte und bepflanzte Flächen als Schutz vor Extremwettern und zum Erhalt der Artenvielfalt.
Stattdessen fordern immer mehr und immer größere Autos immer mehr Raum: Wälder und Moore werden für immer mehr und immer breitere Straßen geopfert. Riesige Flächen werden für Parkplätze reserviert. Für die Parkgebühren wird nur ein Bruchteil dessen berechnet, was dieselbe Fläche als Wohnraum an Miete kosten würde. Und das, obwohl ein Auto im Schnitt 23 Stunden täglich gar nicht benötigt wird.
Diese Auto-Dominanz hat dazu geführt, dass es im öffentlichen Raum an allen Ecken und Enden an Platz fehlt. Die Folgen sind fatal. So fehlt es an sicheren Radwegenetzen und Fahrrad-Abstellflächen. Wer zu Fuß geht, wird ständig mit
Autoverkehr konfrontiert. Um diesen Unannehmlichkeiten auszuweichen, nehmen viele auch für kurze Wege das Auto, was das Problem weiter vergrößert
Je enger es in den Städten wird, desto gefährlicher wird es für die Schwächeren, insbesondere für alle, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind.
Unterversorgt auf dem LandAuf dem Land gestaltet sich die Verkehrswende besonders schwierig. Hier sind viel mehr Menschen auf ein privates Auto angewiesen als in der Stadt. Denn Busse und Bahnen fahren selten. Oft sind zudem zeitraubende Umstiege erforderlich.
Autos werden deshalb auf Land noch für lange Zeit eine wichtige Rolle spielen. Umso wichtiger ist gerade hier der Umstieg auf E-Autos, die zudem über bidirektionales Laden als Zwischenspeicher zur Energiewende beitragen können.
Aber auch auf dem Land gibt es Menschen, die kein Auto haben. Auch für sie muss es Möglichkeiten geben, mobil zu bleiben. Das allein wäre schon Grund genug, über ländliche Verkehrslösungen nachzudenken, die der Abhängigkeit vom Auto etwas entgegensetzen. Beispielsweise über Radschnellwege, die den Weg zum nächsten ÖPNV-Anschluss erleichtern, und über diebstahlsichere Abstellanlagen für Fahrräder an Haltestellen.
In Zukunft könnte zudem das Angebot verbessert werden durch via App buchbare, nicht liniengebundene Fahrten in kleinen und flexiblen autonomen Fahrzeugen, die Fahrgäste auch unterwegs einsammeln.
Gründe für das hohe Verkehrsvolumen auf der Straße
Die Dominanz des Autos im öffentlichen Leben war einmal gewollt: Jahrzehntelang folgte die Stadtplanung dem Leitbild der autogerechten Stadt. Das hat Nachwirkungen bis heute. So werden beispielsweise in Deutschland immer noch etwa 75 %
aller Personenkilometer mit dem Auto zurückgelegt
Hinzugekommen ist die steigende Zahl an Fahrten für die Zustellung privater Paketlieferungen aus dem Online-Versandhandel. Darüber hinaus nimmt der Güterverkehr auf der Straße insgesamt weiter zu
Es wäre fatal, wenn die Politik darauf mit der Ausweisung immer neuer Flächen für den Autoverkehr sowie mit dem Bau immer neuer Straßen reagieren würde. Das Gegenteil ist notwendig: Verkehrsformen, die Klima, Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität belasten, müssen eingeschränkt werden zugunsten erwünschter Verkehrsformen.
Das Fahrrad kann zur Mobilitätswende wichtige Beiträge leisten: Mit ihm lassen sich kurze und mittlere Distanzen gut bewältigen. Es kann Zubringer sein für die letzte Strecke zwischen dem Bahnhof bzw. der Haltestelle und dem Ausgangspunkt bzw. dem Ziel der Fahrt. So kann es in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln wie Bussen und Bahnen, Taxis oder auch mit Car-Sharing das Auto immer häufiger überflüssig machen.
Je mehr Menschen vom Auto auf das Rad umsteigen, desto besser für uns alle: Das Klima wird geschont, und die Lebensqualität verbessert sich. Auch der lokale Einzelhandel profitiert von einer fahrradfreundlichen Umgebung.
Um den Radverkehr zu fördern, braucht es eine durchgängige, qualitativ hochwertige Radverkehrsinfrastruktur in Kombination mit geringen Geschwindigkeiten im Autoverkehr. Sichere, einladende Radwegenetze, zu denen auch Radschnellweg-Verbindungen gehören, erleichtern den Umstieg. An Bahnhöfen und anderen wichtigen ÖPNV-Haltepunkten sollten zudem Fahrradparkhäuser gefördert werden. So würde das Fahrrad zu einem wichtigen Bestandteil einer Mobilitätskultur, in der Autofahrten auf das notwendige Minimum reduziert werden.
Leider sieht die Realität vielerorts anders aus. In vielen Städten ist der gesamte Verkehr darauf ausgerichtet, dass die Schwächeren, zu denen auch die Radfahrenden gehören, den Autos möglichst nicht in die Quere kommen. Ihre Sicherheitsbelange müssen hinter den Interessen der Auto-Lobby zurückstehen.
Daher kommt es dort immer wieder zu schweren Unfällen. Und das ist nicht nur fatal für die Verkehrsopfer selbst: Wo sich Menschen auf dem Fahrrad nicht wohl und sicher fühlen, geben sie dem Auto den Vorzug.
Daher fordert die Klimaliste die europaweite Einführung von Vision Zero
Der Straßenverkehr
Dadurch würden wir auch an Lebensqualität gewinnen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Atemwegserkrankungen und Lärmbelästigung würden abnehmen. Die Zahl der Verkehrstoten – EU-weit immer noch etwa 20.000 Menschen jährlich
Steuernde Eingriffe der Politik sind deshalb dringend nötig. Sonst gibt es zwar auch eine Verkehrswende – aber in die falsche Richtung, wie das Beispiel des autonomen Fahrens zeigt:
Das autonome Fahren ohne Mensch am Steuer wird kommen. Greift die Politik nicht steuernd ein, wird es die verheerende Klimabilanz des Verkehrssektors weiter verschlimmern: Längere Wege werden attraktiver werden, weil keine Ruhepausen mehr eingelegt werden müssen und Menschen werden ihre Autos leer durch die Städte fahren lassen, um Parkgebühren zu sparen.
Richtig eingesetzt kann das autonome Fahren dagegen ein Segen sein. Denn damit ließe sich mit erheblich weniger Fahrzeugen genauso viel Mobilität erreichen wie derzeit
Das Beispiel zeigt: Die Rettung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist auch im Verkehrssektor kein technologischer Selbstläufer. Es geht nicht ohne politische Gestaltung.
Auf Europas Straßen ist das Auto nach wie vor das Verkehrsmittel Nr. 1. 85 % des motorisierten Personenverkehrs werden mit dem Pkw zurückgelegt
Wir brauchen deshalb eine Antriebswende weg vom Verbrenner- hin zum E-Motor. Aber zur Wahrheit gehört auch: Ein Allheilmittel ist die E-Mobilität nicht.
Auch E-Autos belasten das Klima
Leider belasten auch E-Autos das Klima, wenn auch deutlich weniger als Verbrenner
E-Autos sind also Verbrennern eindeutig vorzuziehen. Und dennoch: Der Umstieg von Verbrennern auf E-Fahrzeuge allein wird nicht ausreichen, um die Emissionen im Verkehr schnell genug zu reduzieren. Hinzu kommen müssen viele weitere
Maßnahmen der Mobilitätswende, wie leichtere Autos, Förderung von Fahrrad und ÖPNV, Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene und in die Binnenschifffahrt. Die Zahl der Autos insgesamt muss bis 2041 mindestens halbiert werden
Mehr dazu siehe in unserer Forderung zur Mobilitätswende in diesem Wahlprogramm. Im Folgenden geht um die Antriebswende, insbesondere im motorisierten Individualverkehr.
Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich mühsam auf einen Ausstieg aus Diesel- und Benzin-Pkw geeinigt: Nach 2035 dürfen nur noch Pkw neu zugelassen werden, die nicht mit Diesel oder Benzin fahren
Doch das ist für das 1,5-Grad-Ziel viel zu spät, zumal die bereits zugelassenen Verbrenner-Pkw noch viele Jahre weiterfahren werden. Und ein konsequenter Verbrenner-Ausstieg ist es auch nicht. Den hat die deutsche Bundesregierung
verhindert mit ihrer Ausnahmeregelung für Verbrenner, die mit synthetisch hergestellten Kraftstoffen fahren
Diese E-Fuels sind absurd ineffizient und teuer. Deshalb sehen die meisten Autohersteller heute die Zukunft in der E-Mobilität. Aber erstmal wollen sie noch so lange wie möglich mit ihren Verbrenner-Modellen Geschäfte machen. Das ist nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch wirtschaftlich kurzsichtig.
Autos aus Deutschland werden zu Ladenhütern
In China entwickeln sich die früher heißbegehrten deutschen Luxus-Verbrennermodelle in Rekordzeit zu Ladenhütern, während die deutschen E-Modelle den Vorsprung nicht mehr aufholen können
So kommt es zu einer Umkehrung der Verhältnisse: Seit den 80er-Jahren überschwemmten die Deutschen den chinesischen Markt mit Verbrenner-Autos, von denen man damals schon wusste, dass sie in großem Stil zum Klima-Desaster beitragen würden
Besonders die deutschen Autokonzerne würden E-Autos am liebsten nur im Luxus-Segment verkaufen
Doch das Blatt dreht sich
Noch haben die europäischen Konzerne die Chance, sich gegen den Angstgegner China zu behaupten. Noch hat China auf dem europäischen E-Auto-Markt erst einen Marktanteil von 8 %
Der Anteil der E-Autos am Autoabsatz in der Europäischen Union wächst zwar, ist aber mit etwa 20 % immer noch viel zu gering
Ein neues Verbrennerauto ist in Europa schon ab ca. 11.500 Euro zu haben
Leichtfahrzeuge wie der Renault Twizy (ab ca. 12.000 Euro) oder der Microlino (ab ca. 15.000 Euro)
Möglich wären preisgünstige E-Autos aus Europa sehr wohl. Sie wurden auch bereits gebaut. Mit staatlicher Förderung war es schon einmal möglich, ein attraktives europäisches E-Modell für unter 20.000 Euro Neupreis zu erstehen. Aber wenn
ein europäischer Hersteller bisher ein günstiges E-Auto mit guter Reichweite anbot, dann dauerte es nicht lange, bis er es wieder vom Markt nahm
In dem stark nachgefragten Segment zwischen 20.000 und 30.000 € fehlte es bisher an attraktiven E-Autos. 2024 sollen sie endlich kommen
„Innovativ“ und „technologieoffen“ ist nicht dasselbe: Wer „technologieoffen“ frühstückt, frühstückt überhaupt nicht, denn seinen Hunger stillen kann nur, wer sich irgendwann zwischen Marmeladebrötchen und Bircher Müsli entscheidet. Wer „technologieoffen“ die Verkehrswende gestaltet, gestaltet am Ende überhaupt nichts, sondern wird abgehängt von denen, die im Ernst innovativ sind: von denen, die früh genug den Mut hatten, sich auf eine Technologie festzulegen und diese konsequent weiterzuentwickeln.
Jahrzehntelang haben sich die europäischen Autokonzerne angeblich „technologieoffen“ darauf konzentriert, ihre Überlegenheit in der absehbar überflüssig werdenden Verbrenner-Technologie zu immer absurderen Blüten zu treiben. Jetzt, wo die
Wende zur Elektromobilität da ist, nützt ihnen all das nichts mehr. Jetzt schlägt die Stunde derer, die stattdessen in Elektromobilität investiert haben: die Stunde der chinesischen Autokonzerne
Man muss China viel vorwerfen. Es missachtet die Menschenrechte
Die EU möchte den Markt für E-Autos unter 20.000 Euro nicht China überlassen? Sehr gut! Dann muss sie eben die Produktion dieser Modelle in Europa fördern. Stattdessen plant die EU-Kommission, die chinesischen Hersteller für ihren Beitrag
zur Verkehrswende abzustrafen und den europäischen Kunden attraktive und günstige E-Autos vorzuenthalten
Noch sind europäische Hersteller nicht in der Lage, günstige E-Autos mit guter Reichweite gewinnbringend anzubieten. Dafür müssen erst die Produktionskosten durch größere Stückzahlen sinken. Bis dahin braucht es weiter Kaufprämien wie
diejenige, die Deutschland viel zu früh wieder gestrichen hat
Doch die EU-Kommission handelt, als ob sie günstige E-Autos gar nicht wollte: Europäische ermöglicht sie nicht, chinesische will sie künstlich verteuern. Aber Europa wird nichts anderes übrig bleiben als die Flucht nach vorne. Zu lange haben insbesondere die deutschen Autokonzerne den Wechsel zur elektrischen Mobilität erschwert, indem sie leichte, ressourcenschonende Stromer zu attraktiven Preisen verhindert haben.
In Deutschland nimmt der Auto-Fetisch besonders groteske Formen an. Als einziges Land Europas kann es sich nicht zu einem generellen Tempolimit auf Autobahnen aufraffen. Es war die deutsche Bundesregierung, die auf EU-Ebene das konsequente
Verbrenner-Aus verhindert hat. Es sind vor allem die deutschen Autokonzerne, die die Verbraucher zu immer teureren und klimaschädlicheren Modellen animieren. Und es sind vor allem deutsche KundKunden, die diese Modelle kaufen
Weil die Autokonzerne die E-Modelle nicht liefern, die im niedrigen Preissegment mit Verbrennern konkurrieren könnten, entscheiden sich die meisten Deutschen für einen Verbrenner. Hinzu kommt: Wer keine eigene PV-Anlage hat, kann auch im Betrieb mit E-Autos wenig sparen. Denn zum einen ist Strom in Deutschland wegen der vertrödelten Energiewende teuer, zum anderen bilden die Preise für Diesel und Benzin nicht die Klimaschäden ab, die diese Treibstoffe verursachen.
So wird das E-Auto zum Luxusobjekt: Von den Autokäufern, die sich für ein neues E-Auto entscheiden, wählen 44 % einen SUV
An diesen Zahlen erschreckt zweierlei: der hohe Anteil der Verbrenner – und die hohe Zahl der Neuzulassungen überhaupt. Weder fördert die Regierung den Umstieg auf E-Mobilität, noch ergreift sie Maßnahmen zur Reduzierung des motorisierten
Individualverkehrs insgesamt
Im Verkehrssektor wird die EU international nicht als Förderer, sondern als Verhinderer von Klimaschutz wahrgenommen. Vor den Menschen im Globalen Süden steht sie blamiert da: Viele von ihnen werden in ihrem Leben nie ein Auto besitzen. Ihnen ist nicht zu vermitteln, warum in Europa klimaschonende Mobilität weiter ausgebremst wird. Die Politik schaut tatenlos zu, wie die Autokonzerne den öffentlichen Raum mit immer größeren und schwereren Verbrennern zustellen, während klimaschonende Formen der Mobilität ein Nischendasein fristen.
Die Klimaliste fordert eine Verkehrspolitik, die der internationalen Verantwortung Europas gerecht wird. Dazu gehört neben der überfälligen Mobilitätswende auch eine rasche Antriebswende.
Studien zeigen, dass Diesel-Fahrzeuge eine bessere Klima- und Umweltbilanz aufweisen als Stromer.
Andere Studien zeigen das Gegenteil
Bei den Studien, die angeblich eine bessere Klimabilanz für Dieselfahrzeuge nachweisen
In der Herstellung sind die CO2-Emissionen bei E-Autos in der Tat höher als bei vergleichbaren Verbrennern. Aber die Autokonzerne arbeiten bereits an einer klimaneutralen Autoproduktion. Und im Betrieb sind die Stromer heute schon unschlagbar: Hier haben sie ihren Rückstand in der Regel nach zwei bis fünf Jahren aufgeholt. Am schnellsten, wenn der geladene Strom ausschließlich erneuerbar ist.
Ein E-Auto ist auch bei dem heutigen Strommix bereits klimaschonender als ein vergleichbarer Verbrenner. Hinzu kommt, dass die Lebensdauer eines E-Autos erheblich länger ist als die eines Verbrenners. Das gilt insbesondere für den äußerst langlebigen E-Motor. Der Vorsprung vergrößert sich weiter, wenn ein schwerer Verbrenner ersetzt wird durch ein leichtes, ressourcenschonendes E-Modell.
Die Solaranlage auf dem Dach und der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien verbessern die Bilanz weiter.
E-Autos haben einen hohen Ressourcenverbrauch, der Mensch und Umwelt belastet.
Das ist richtig, gilt aber auch für Verbrenner-Autos. Deshalb setzt sich die Klimaliste dafür ein, die Zahl der Autos – ob E-Autos oder Verbrenner – deutlich zu reduzieren. Wo Autos weiter benötigt werden, sollten schwere Verbrenner möglichst ersetzt werden durch leichtere und damit ressourcenschonendere E-Modelle .
Zwar ist für die Umwelt das beste Auto kein Auto. Aber weil es auch in Zukunft Autos geben wird, muss ihre Umweltbilanz verbessert werden. Die EU hatte bereits ein Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht, das die FDP jedoch verhindern
möchte
Die Umweltprobleme des E-Autos sind lösbar, die des Verbrenner-Autos nicht: Es emittiert enorme Mengen CO2, verschmutzt die Umwelt bei der Förderung und dem Transport von Erdöl, von dem gigantische Mengen im Meer landen. Marode Pipelines verseuchen ganze Landstriche.
Besonders verheerend ist die Umweltbilanz von Treibstoffen für Verbrenner-Autos aus Teer- und Ölsanden
Es ist also niemandem geholfen, wenn wir die Verkehrswende absagen, weil wir die Rohstoffe dafür nicht abbauen wollen. Stattdessen muss der Abbau der Ressouren für E-Mobilität so erfolgen, dass die Umwelt geschont wird und die ansässige
Bevölkerung profitiert. Sie muss vor der Investition über die Folgen aufgeklärt und am Gewinn beteiligt werden. Schädliche Folgen müssen minimiert, die schonendsten Methoden gewählt werden. Die Wertschöpfung sollte möglichst in den
Abbauländern erfolgen
Wie steht es um das Recycling der Batterien für E-Autos?
Die Recyclingmöglichkeiten sind noch nicht optimal. Das wird sich aber mit der weiteren Verbreitung der E-Autos schnell ändern. Heute schon erreicht das deutsche Unternehmen Duesenfeld bei Batteriezellen eine Recyclingquote von 91 %
Scheitert die Verkehrswende an den fehlenden Lademöglichkeiten für E-Autos?
Ladestationen für E-Autos lassen sich leicht, schnell und kostengünstig einrichten. Wegen fehlender Ladestationen auf E-Autos zu verzichten wäre so absurd, wie wegen fehlender Steckdosen auf Waschmaschinen zu verzichten.
Die Ladeinfrastruktur in der EU weiter zu verbessern, stellt keine technologische Herausforderung dar
Bereits heute ist bei den inzwischen üblichen Reichweiten von mehreren hundert Kilometern die Ladeinfrastruktur in der Regel ausreichend. Die Ladezeiten lassen sich mit einer Pause bequem überbrücken: Ein Standard-Fahrzeug ist nach einer
halben Stunde auf 80 % geladen. Die Batteriehersteller arbeiten daran, das Schnellladen weiter zu beschleunigen
Sollte es doch einmal an Schnellladestationen fehlen, lässt sich ein E-Auto auch über die normale Steckdose aufladen. Wo es möglich ist, sollte die Batterie ohnehin langsam aufgeladen werden, weil sich dadurch ihre Lebensdauer verlängert.
Wird die Elektromobilität zum Zusammenbruch der Stromnetze führen?
Hätten wir in Deutschland 30 Millionen E-Autos, bräuchten wir zusätzlichen Strom in einer Größenordnung von rund 15 Prozent des derzeitigen Strombedarfs. Bei einem raschen Ausbau der erneuerbaren Energien ist das eine lösbare Aufgabe.
Die verbreitete Vorstellung, dass die Stromversorgung zusammenbrechen könnte, wenn alle E-Autos gleichzeitig laden, ist genauso absurd wie die Vorstellung, alle Verbrenner würden gleichzeitig zur Tankstelle fahren. Unser Stromnetz würde
auch zusammenbrechen, wenn alle Deutschen gleichzeitig ihren Fön einschalten
Künftig werden ohnehin flexible Tarife und intelligent aufeinander abgestimmte Ladestationen dafür sorgen, dass die meisten AutofahrerAutofahrer dann ihr E-Auto laden, wenn die Auslastung niedrig, der Preis also günstig ist. Zusätzlich können
E-Autos bei Bedarf Strom ins Netz zurückspeisen, wenn sie über über ein bidirektionales Lademanagement verfügen
Können wir uns die Elektrifizierung nicht sparen, wenn wir stattdessen auf Biosprit und E-Fuels setzen?
Der von der Fossil-Lobby beschönigend als „Biosprit“ bezeichnete Agro-Treibstoff steht in Konkurrenz zur Lebensmittelerzeugung. In einer Zeit, in der die Gefahr von Missernten wächst, können wir es uns nicht leisten, unsere Felder für die Produktion von Treibstoffen für einen ausufernden Individualverkehr zu reservieren.
Häufig stammt Agro-Treibstoff aus Palmöl, für dessen Anbauflächen Regenwald abgeholzt wurde. Dann ist er noch klimaschädlicher als Diesel oder Benzin. Die Beimischung von Agro-Treibstoffen ist deshalb keine Lösung, zumal der größte Teil des Treibstoffs fossil bleibt.
E-Fuels sind nur dann klimaneutral, wenn sie auf Basis von grünem Wasserstoff hergestellt werden. Dafür wird aber fünfmal so viel Strom benötigt wie für E-Autos. Hinzu kämen die Transportkosten, denn für den deutschen Autoverkehr relevante Wasserstoff-Mengen ließen sich in Deutschland nicht herstellen. Weitere Effizienz-Verluste entstehen bei der Verbrennung der E-Fuels mit einem Wirkungsgrad von maximal 45 % gegenüber dem Wirkungsgrad von etwa 90 % bei Elektromotoren.
Alternative Treibstoffe sollten deshalb nur dort eingesetzt werden, wo sie nicht oder nur sehr schwer ersetzt werden können, beispielsweise für Bau- und Landwirtschaftsmaschinen oder im Schiffsverkehr.
Sind E-Autos denn überhaupt heute schon ausgereift?
E-Autos sind heute voll funktionsfähig und robust. Die Entwicklung geht freilich weiter. Das kann dazu führen, dass das Auto im Wiederverkauf an Wert verliert, zumal auch der Preis weiter sinken dürfte
Die E-Autos von heute müssen sich aber nicht in erster Linie gegen die E-Modelle von morgen behaupten, sondern gegen die Verbrenner-Autos. Deshalb muss die Politik dafür sorgen, dass E-Autos finanziell attraktiver sind als Verbrenner. Technisch sind sie es bereits.
Scheitert die E-Mobilität am Strompreis?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Ladekosten für E-Autos niedrig zu halten
Dass beispielsweise in Deutschland der hohe Strompreis die Konkurrenzfähigkeit von E-Autos gegenüber Verbrennern schwächt, ist ein Skandal. Die Politik muss das Ausbautempo der Erneuerbaren Energien
Auf der Schiene werden Menschen und Güter klimaschonender transportiert als auf der Straße. Leider erfordert der Ausbau des Schienenverkehrsnetzes aber viel Zeit, die wir nicht haben. Wir werden deshalb auf Jahre im Wesentlichen mit den vorhandenen Netzen auskommen müssen. Modernste Schienenverkehrstechnologien können jedoch dazu beitragen, diese Netze besser auszulasten.
Dazu sollen auch mehr internationaler Nachtzugverbindungen geschaffen werden, die nicht mit den engen Fahrplänen der Hauptverkehrszeit kollidieren.
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Erhebliche Defizite gibt es beim Kauf von Tickets. Auslandreisen können oft nur am Schalter gebucht werden, eine Garantie, gute Preise bei ausländischen Bahnen zu bekommen, gibt es nicht.
Wir möchten das CEN
Ziel ist außerdem eine europaweit bessere Taktung der Fahrpläne, um lange Wartezeiten zu vermeiden und eine bessere Nutzung der Digitalisierung für Anschlüsse, Umstiege und Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln.
Um den Betrieb und die Sicherheit der Bahn zu gewährleisten fahren Züge nicht unkontrolliert herum sondern es existiert eine Kommunikation zwischen Strecke und Fahrzeugen. Dadurch führt eine Unaufmerksamkeit des Fahrpersonals normaler Weise nicht zu einem schweren Unfall.
Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung der Bahn in den verschiedenen Ländern gibt es in Europa über 20
Ein wichtiger Schritt hin zu einer europäischen Bahn ist ETCS. Mit diesem neuen, europaweit beinahe einheitlichen Zugbeeinflussungssystem wird der Grundstein gelegt für eine länderübergreifende Eisenbahn. Auf ETCS aufbauend werden weitere elementare Neuerungen für die Schiene implementiert, wie z.B. das autonome Fahren (ATO). Diese Systeme sind die große Hoffnung der Bahn, die Anforderungen die die Zukunft stellen wird, zu erfüllen.
In Deutschland sind derzeit nur sehr wenige Strecken für ETCS
ausgerüstet, darunter bislang keine größeren Bahnhöfe. Mit Stuttgart 21 entsteht nun der erste große und vollständig ETCS-fähige Bahnknoten in Deutschland.
Dieser Schritt ist einerseits notwendig, andererseits sehr mutig, da es in der Praxis offenbar immernoch Störungen mit der neuen Technik gibt.
Derzeit sind viele Lokomotiven nicht für ETCS ausgerüstet
Wir setzen uns dafür sein, dass europaweit die Umstellung auf ETCS für Lokomotiven und Triebzüge, die noch hinreichend lange im Einsatz sein werden, vollständig gefördert wird.
Ab 2020 sind in Deutschland ca. 9000 Schienenfahrzeuge umzurüsten, wofür 4 Milliarden Euro beanschlagt werden.
Mit der digitalen, automatischen Kupplung (DAK) wird Schienengüterverkehr in Europa erheblich effizienter werden. Neben schnellerem Rangieren wird über die digitale Schnittstelle auch eine Zugintegritätsüberwachung hergestellt, die dichtere Taktung von Zügen auch im Güterverkehr ermöglichen wird. Die höhere Zuglast ermöglicht außerdem längere Züge. All das trägt zu einer erheblichen Steigerung der Transportleistung auf der bestehenden Infrastruktur bei.
Die mechanische Schnittstelle der Kopplung ist inzwischen fertig, die elektrische Schnittstelle wurde ebenfalls jüngst standarisiert. Ab 2025 sollen erste Züge mit der automatischen Kupplung ausgestattet werden
und im Praxisbetrieb getestet werden. Die Europäische Union hat mit dem DAC4EU
Kernproblem der Umstellung ist, dass die alten Schraubkupplungen mit der DAK inkompatibel sind. Sogenannte Hybrid-Kupplungen wären viel zu teuer. Die Umrüstung der Wagen wird sich über einen Zeitraum von 6 Jahren hin ziehen. Etwa die Hälfte aller Güterwagen ist bei großen Speditionen, wie DB Cargo im Rangierbetrieb, wo diese beliebig miteinander verkuppelt werden. Da es durch die Teilprivatisierung der Bahn nun zahlreiche Eisenbahnverkehrsunternehmen gibt, gestalten sich Migrationskonzepte, wo zunächst die Ganzzugverkehre oder isolierte Teilnetze umgestellt werden bis die digitale Kupplung im Netz dominiert und dann alle umgerüsteten Wagen in den Rangierbereich getauscht werden, als schwierig.
Eine weitere Maßnahme wird daher sein, Paare aus Wagen zu bilden, die jeweils auf einer Seite auf die neue Kupplung umgebaut werden und dann als dauerhaft verkuppeltes Paar rangiert werden, bis die Kupplung überall eingebaut ist. Dann werden alle Paare vertauscht sodass die alte Schraubkupplung innen ist und dann die zweite Hälfte der Wagen umgerüstet. Auch können Wagen zunächst auf DAK-Readyness aufgerüstet werden, was bedeutet, die Leitungen und Anschlüsse für die DAK zu verlegen sodass der Einbau der neuen Kupplung final sehr schnell geht.
Mit einer Kombination der verschiedenen Migrationsstrategien könnte 2028 mit dem großflächigen Einbau der DAK begonnen werden, 2032 dann der großflächige Tausch der Rangierwagen durchgeführt werden und bis 2034 dann die letzten
Schraubkupplungen ausgebaut werden. Dieser Prozess muss mit den Bahnunternehmen der verschiedenen Staaten in Europa abgestimmt werden. Noch ist außerdem ungeklärt, woher das Geld für die Umstellung kommen soll.
Fliegen ist eine der umweltschädlichsten Aktivitäten überhaupt. Ein einziger Flug kann mehr
Emissionen ausstoßen, als die Mehrheit der Menschen weltweit pro Kopf in einem ganzen Jahr
verursacht.
Prognose: staatlich finanzierte Verdoppelung der Klimaschäden bis 2050
Wer es mit der Abwendung des Klima-Kollaps ernst meint, muss die Zahl der Flüge auf einen
Bruchteil des heutigen Volumens reduzieren. Doch die Politik tut das Gegenteil: Durch massive
Subventionen sorgt sie dafür, dass der Flugverkehr weiter wächst. In der EU legte er zwischen
2000 und 2017 um etwa 40% zu. Auf Europa entfiel 2018 etwa ein Viertel des globalen
Luftverkehrs.
Keine der etablierten Parteien beabsichtigt, den Flugverkehr drastisch zu reduzieren, wie es
notwendig wäre, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Wenn wir weiter hinnehmen und
fördern, was die Flugindustrie plant, wird sich die Zahl der Flugreisen bis 2050 voraussichtlich
verdreifachen, was zu einer Verdopplung der Klimaschäden führen wird. Denn auch die besten
technischen Verbesserungen können die Auswirkungen eines derartigen Wachstums nur teilweise
auffangen.
Auch der Luftfracht-Verkehr ist in den letzten Jahren enorm gewachsen.
Die Flug-Lobby kehrt zwei Drittel der Klimaschäden unter den Tisch
Wie groß ist der Anteil des Flugverkehrs an der Erderhitzung? Lobbyisten der Flugindustrie legen
gerne den bloßen CO2-Ausstoß zugrunde. Was sie am liebsten außen vor lassen würden, ist die
Klimawirkung weiterer Faktoren wie: Kondensstreifen, Zirrus-Bewölkung, Stickstoffoxide (Nox)
5,9 % – das mag dem einen oder der anderen immer noch gering erscheinen. Tatsächlich ist es
jedoch enorm viel, wenn wir berücksichtigen, von wie wenigen Menschen dieser Schaden
verursacht wird: Weniger als 20 % der Weltbevölkerung sind überhaupt jemals geflogen
Wer fliegt, leistet sich einen Luxus, der die Erderhitzung in noch viel schrecklichere Dimensionen treiben würde als jetzt schon, wenn alle daran teilhaben würden. Die Politik darf deshalb die Wachstumsprognosen für den Flugverkehr auf keinen Fall hinnehmen, als ob dieses Wachstum naturgegeben wäre. Das ist es nicht: Es wird durch klimafeindliche Subventionen befördert, die die Politik zu verantworten hat.
KollateralschädenDie Flugzeug-Lobby zeichnet gern ein idyllisches Bild von den angeblichen Segnungen des Flugverkehrs: Er bringe Menschen zusammen, erweitere den Horizont, befördere wirtschaftliche Entwicklung und kulturellen Austausch. Daher sei er unverzichtbar und müsse nicht eingedämmt, sondern erweitert werden, damit immer mehr Menschen von den angeblichen Vorteilen des Fliegens profitieren könnten.
Dieses Bild unterschlägt aber nicht nur die klimazerstörerischen Wirkungen des Flugverkehrs,
sondern auch weitere Schäden. So hat der Flugverkehr maßgeblich zur rasanten Ausbreitung des
Corona-Virus beigetragen.
Flughäfen sind schlechte Nachbarn
Wie kann es sein, dass heute, wo die Bedrohung durch die Erderhitzung so offensichtlich ist, die
Europäische Union ausgerechnet den klimaschädlichsten Verkehrsträger, das Flugzeug, derart
fördert, dass er rekordverdächtig immer weiter wächst?
Eine der skandalösesten Subventionen ist die Steuerbefreiung von Kerosin. Hartnäckig hält sich
der Glaube, dass die europäischen Länder eine Kerosin-Steuer auf internationale Flüge gar nicht
erheben dürften aufgrund der Chicago Convention. Diese verbietet jedoch nur die Besteuerung
von Treibstoff, der sich bei der Landung bereits an Bord der Maschine befindet.
Und so genießt die Flugindustrie enorme Privilegien, auch in der Europäischen Union
Eine Chance, das klimaschädliche Wachstum der Flug-Branche zu stoppen, bot sich während der
Corona-Pandemie: Nachdem der Flugverkehr massiv zur Ausbreitung des Corona-Virus
beigetragen hatte, brachen die Fluggast-Zahlen ein. Monatelang sank die Zahl der Flüge auf unter
10 % im Vergleich zum Vorjahr.
Leider hatte die Politik damals nicht den Mut, dieser Entwicklung, die für das Klima so
wünschenswert gewesen wäre, ihren Lauf zu lassen. Ein Geschäftsmodell, das wir überwinden
müssen, wäre immerhin stark geschrumpft. Stattdessen gestattete die Europäische Kommission
ihren Mitgliedsstaaten, ihre strauchelnden Fluggesellschaften mit vielen Milliarden Euro künstlich
am Leben zu halten.
Die MitarbeiterMitarbeiter hatten wenig davon, denn die Mittel waren meist nicht an
Sozial-Auflagen gebunden. Während die europäischen Fluggesellschaften insgesamt über 37
Milliarden Euro an Steuergeldern kassierten, entließen sie Arbeitskräfte in Scharen. Besser wäre
es gewesen, in die berufliche Neuorientierung dieser Menschen zu investieren als in die
Aufrechterhaltung des extrem klimaschädlichen Geschäftsmodells, für das sie nicht mehr
gebraucht wurden
2022 waren die europäischen Fluggesellschaften dann wieder stark genug, ihren zerstörerischen
Kurs fortzusetzen: Das Flugaufkommen wuchs um 48 % im Vergleich zum Vorjahr und erreichte 83 %
des Niveaus vor der Pandemie.
Zur klimaschädlichen Wirkung des Flugverkehrs tragen mehrere Faktoren bei. Die
CO2-Emissionen sind nur einer davon. Zwei Drittel des Klimaschadens entfallen auf
Nicht-CO2-Effekte
Zu den Nicht-CO2-Effekten gehören Kondensstreifen, Zirrus-Bewölkung und Stickoxide (NOx).
Diese Effekte sind zwar kurzlebig, aber so lange sie wirken, tragen sie enorm zur Erderhitzung bei.
Die klimaschädliche Wirkung der Nicht-CO2-Effekte ist heute in ihrer Größenordnung unbestritten.
Dazu liegt eine Studie vor, die von 21 der renommiertesten WissenschaftlerWissenschaftler
auf diesem Gebiet erstellt wurde.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht hinnehmbar, wenn die Nicht-CO2-Effekte in Berichtssystemen und Gesetzen nicht berücksichtigt werden, wie in dem Kompensations- und Reduktionsprogramm CORSIA und im EU-Emissionshandelssystem.
Solange die EU die Flug-Branche für ihre Klimaschäden nicht zur Rechnung zieht, sondern ihre schöngerechneten Zahlen übernimmt und den Mitgliedsstaaten gestattet, ihre Fluggesellschaften mit Milliarden an Steuergeldern zu subventionieren: So lange wird der Flugverkehr in der EU weiter wachsen.
Die Branche geht fest davon aus, dass es so kommt: Sie rechnet auch in Europa für die nächsten
Jahrzehnte mit einem starken Wachstum.
Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu
senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Die europäische Luftfahrt ist jedoch nicht auf diesem
Kurs: Ihre Emissionen nehmen stark zu.
Die EU versucht daher, die Emissionen des Luftverkehrs über ihr Emissionshandelssystem EHS
zu verringern. Dieses reguliert aber nur die Emissionen von Flügen innerhalb des Europäischen
Wirtschaftsraums, und auch darin wirkt es viel zu schwach, zumal die meisten Emissionsrechte
kostenlos an die Fluggesellschaften verteilt werden
Das Europäische Parlament hat zwar im Rahmen von Fit for 55 beschlossen, die kostenlose
Zuteilung von Zertifikaten auslaufen zu lassen. Diese Maßnahme beginnt aber erst 2026, erfolgt
nur schrittweise und geht nach dem Urteil der Fachleute nicht weit genug
Auch die Mitgliedsstaaten tun nicht das ihre, um die Luftfahrt-Industrie unter Druck zu setzen:
Obwohl sie die Möglichkeit hätten, belegt kein EU-Staat internationale Flüge mit einer
Mehrwertsteuer
Das deutsche Luftverkehrsteuergesetz sieht für Flüge weder eine Kerosin- noch eine
Mehrwertsteuer vor, sondern lediglich eine Ticket-Steuer, die viel zu schwach ist, um eine
signifikante Lenkungswirkung zu erreichen.
Zwei Drittel der klimaschädlichen Effekte des Fliegens sind Nicht-CO2-Effekte. Während sich CO2
über tausende von Jahren in der Atmosphäre hält
Keine andere Industriebranche hat so weitreichende globale Klimaziele formuliert
, lobt sich die
Luftfahrt-Branche gerne selbst
Ehrgeizige Ziele für den Zeitraum bis 2030 fehlen in der Selbstverpflichtung vollständig. Dabei
fordern die Vereinten Nationen bis dahin eine Reduktion der Emissionen um 55 %
Klima-Ziele weit in die Zukunft zu verschieben, um sie dann nicht einzuhalten: An diesem Spiel der
Flugwirtschaft darf sich die Politik nicht beteiligen. Zu oft haben sich vollmundige Versprechen der
Industrie am Ende als unwirksam erwiesen
Angesichts der sich zuspitzenden Klima-Katastrophe sollten wir vor Flug-Verboten nicht zurückschrecken. Sie sind sozial gerecht, weil sie für alle gelten, sodass sich niemand von der Verpflichtung freikaufen kann, den eigenen Anteil zur Rettung der gemeinsamen Lebensgrundlagen zu leisten. Damit einhergehen muss der Ausbau dekarbonisierter Mobilitätsstrukturen am Boden.
Reisen genießenWer heute eine Flugreise antritt, ist sich meist sehr wohl bewusst, dass er oder sie damit weit überproportional zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beiträgt. Dass sie es dennoch tut, geschieht meist aus einem Gefühl der Ohnmacht heraus: Was nützt es, wenn ich auf das Fliegen verzichte, wo doch Millionen andere nicht darauf verzichten?
Genau an diesem Punkt muss die Politik ansetzen. Sie hat es in der Hand, Regeln zu erklären und einzuführen, die für alle gelten, sodass sich unser Verzicht auf das Fliegen lohnt, weil wir damit nicht alleine sind. Und ist es denn ein Verzicht, nicht zu fliegen, wenn die Politik die Infrastruktur für nachhaltiges Reisen schafft?
Wir Menschen wollen unseren Kindern keine zerstörte Natur hinterlassen. Deshalb sind wir offen für verantwortungsvolles Reisen. Ist es wirklich ein Genuss, Inseln zu bereisen, die untergehen werden, wenn wir nicht endlich aufhören, sie zu bereisen?
Wir müssen die fossile Erzählung von der Traumreise in die Karibik, die in Wirklichkeit eine Reise in die Zerstörung ist, ersetzen durch die viel schönere Erzählung von der Genussreise an Ziele, die nachhaltig erreichbar sind. In Europa und in unserer näheren Umgebung gibt es viel zu entdecken. Wer sich mit dem Zug auf den Weg macht, erlebt die Veränderung der Landschaft mit, statt übergangslos von einem Kontinent auf den anderen katapultiert zu werden.
Mit einem gut ausgebauten Netz an Nachtzug-Verbindungen ließen sich die Länder Europas nachhaltig miteinander verbinden. Stattdessen fossile Flugzeug-Flotten mit Milliardensummen aufzupäppeln, die für den Ausbau eines nachhaltigen und für alle erschwinglichen ÖPNV fehlen – diese Politik der Fehlanreize muss aufhören.
Wir müssen den Flugverkehr ausweiten, denn das ist demokratisch und sozial. Der Flugverkehr bringt Menschen zusammen und erschließt ihnen fremde Kulturen. Das fördert Verständnis und Toleranz. Aus Gründen der Fairness und Gerechtigkeit sollten möglichst alle Menschen daran teilhaben können.Antwort:vgl. oben (05/2016) S. 3 u. a.
Dieses Lobby-Argument hat mit der physikalischen und gesellschaftlichen Realität nichts zu tun. Die Belastung durch Linienflüge ist heute schon gewaltig. Dabei haben über 80 % der Weltbevölkerung noch nie ein Flugzeug betreten. All diese Menschen ebenfalls zum Fliegen zu bewegen, wäre ökologisch absurd.
Der Flugindustrie geht es nicht um Werte wie Gleichheit und soziale Verantwortung: 50 % aller
Linienflug-Emissionen werden von dem reichen 1 % verursacht, das sich leisten kann, viel zu
fliegen, und dafür auch noch mit Bonusprogrammen belohnt wird
Aber MigrantMigranten müssen doch in ihre Heimatländer fliegen können!Antwort:
Es wird auch in Zukunft legitime Flüge geben, zum Beispiel bei Notfällen, in der Katastrophenhilfe
oder zur Schaffung sicherer Flugwege. In diesem Zusammenhang sind auch Besuche bei weit
entfernt wohnenden Familienmitgliedern zu betrachten, die anders als auf dem Luftweg nicht
möglich sind. Angesichts der klimaschädlichen Wirkung aller Flüge unabhängig von dem Flugmotiv
ist es aber auch hier wichtig, klimaschonende Alternativen zu suchen. Denn der Anteil von
Familienbesuchen am gesamten Flugaufkommen ist erheblich
Fluggesellschaften brauchen weiter staatliche Unterstützung, um wertvolle Arbeitsplätze zu erhalten.Antwort:
Wie wenig den Fluggesellschaften an ihren Beschäftigten liegt, haben wir in der Pandemie
gesehen: Obwohl sie aus öffentlichen Mitteln Geldgeschenke in Milliardenhöhe erhielten
Ökologisch untragbare Arbeitsplätze künstlich zu erhalten, ist der falsche Weg. Es braucht einen
sozialen Übergang in nachhaltige Branchen. Dies muss im Dialog mit den Beschäftigten erfolgen.
Dafür wurden bereits praktische Lösungsansätze entwickelt, an denen Beschäftigte und
GewerkschafterGewerkschafter des Luftfahrtsektors mitgewirkt haben. Viele Beschäftigte können den
Personalmangel bei der Bahn mildern und andere gesellschaftlich nützliche Tätigkeiten finden
Der Flugverkehr ist ein Motor für die wirtschaftliche Entwicklung in Tourismus-Regionen.Antwort:
Die Segnungen des Flugverkehrs sind vergiftet. Sie mögen Geld und Arbeitsplätze bringen, aber auch Zerstörung.
Wie es anders gehen könnte, haben die pazifischen Inselstaaten gezeigt, als dort wegen der
Corona-Pandemie die Tourismus-Zahlen einbrachen
Die Europäische Union als einer der Hauptverursacher der Erderhitzung sollte Menschen unterstützen, die von Klimafolgen und wegfallenden Tourismus-Einnahmen betroffen sind, statt ihre Umwelt vollends zu zerstören. Es ergibt keinen Sinn mehr, auf Südsee-Inseln zu fliegen, die in wenigen Jahrzehnten untergehen werden, weil wir so unsinnige Dinge tun wie auf Südsee-Inseln fliegen.
GegenargumentDer Flugverkehr kurbelt das Wirtschaftswachstum an und schafft so Wohlstand in den Wachstumsmärkten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Damit er sein Potenzial als Verbindungsglied für Menschen, Handel und Tourismus ausschöpfen kann, braucht es staatliche Subventionen.Antwort:
Die Betroffenen von Flughafen-Projekten sehen das in der Regel anders und werden deshalb an
den Entscheidungen meist nicht beteiligt. Was sie erleben, hat mit dem Idyll der
Flughafen-getriebenen Prosperität wenig zu tun
Die Flugindustrie unternimmt bereits erhebliche Anstrengungen, grüne Technologien zu entwickeln, mit denen wir bald klimaneutral fliegen können. Das kann sie aber nur weiterführen, wenn sie wirtschaftlich erfolgreich ist. Deshalb sollte die Flugindustrie nicht durch eine Verbotspolitik behindert werden, sondern großzügige Unterstützung für eine technologieoffene Forschung und Entwicklung erhalten.Antwort:
Es ist zwar richtig, mögliche technische Verbesserungen weiter zu erforschen. Aber ihr Effekt wird
nicht ausreichen, um das Emissionsproblem der Luftfahrtindustrie zu lösen
Doch was auch immer man sich als Kompensation fossiler Emissionen einfallen lassen
mag: Am Ende könnten sich Kompensationsprogramme sogar als schädlich fürs Klima
erweisen. Denn indem sie das schlechte Gewissen beruhigen, motivieren sie dazu,
verantwortungslose Wirtschaftsweisen weiterzuführen, die sonst längst beendet worden
wären.
Elektrisches Fliegen ist wegen des hohen Gewichts der Batterien bisher nur auf
Kurzstrecken realisierbar – genau auf den Strecken also, die sich bereits leicht durch die
Schiene ersetzen lassen. Weil Fliegen äußerst ineffizient ist, verbrauchen auch elektrische
Flugzeuge unverhältnismäßig viel Energie. Klimaneutral könnten elektrische Flugzeuge
deshalb frühestens dann sein, wenn die Energieversorgung vollständig auf erneuerbare
Energien umgestellt ist und zusätzlich auch noch genug Wind- und Solarenergie für den
Flugverkehr zur Verfügung stünde. Das ist eine unrealistische Vorstellung.
Effizienzsteigerungen sind grundsätzlich zu begrüßen. Leider führen sie aber
erfahrungsgemäß nicht zu Emissionssenkungen. Im Gegenteil: Weil die Flüge dadurch
billiger werden, nimmt der Flugverkehr sogar noch zu
Emissionssenkungen können nur dann Teil der Lösung sein, wenn sie nicht durch steigendes Verkehrsaufkommen wieder zunichtegemacht werden, sondern einem verbindlichen Plan folgend zu Null-Emissionen führen, in einem Tempo, das dem 1,5-Grad-Ziel von Paris entspricht.
Diesen Anforderungen entspricht das Kohlenstoffkompensations- und
Reduktionsprogramm CORSIA für die internationale Zivilluftfahrt, dem auch die EU
beigetreten ist, in keinster Weise
Wären Einschränkungen und Verbote für den Flugverkehr nicht undemokratisch? Sollte es den Menschen nicht selbst überlassen bleiben, ob sie fliegen wollen oder nicht?Antwort:
Wir könnten diese Frage auch ehrlicher formulieren: Sollte es den Menschen nicht selbst überlassen bleiben, ob sie die Lebensgrundlagen ihrer Kinder zerstören wollen oder nicht? Die Antwort erübrigt sich, denn natürlich will kein Mensch die Lebensgrundlagen seiner Kinder zerstören. Wenn Menschen dennoch fliegen, dann, weil sie glauben, dass ihr Verzicht auf das Fliegen an der Erderhitzung nichts ändert. Und damit haben sie sogar recht – solange die Politik nicht dafür sorgt, dass nicht nur vereinzelt ein paar IdealistIdealisten mit dem Fliegen aufhören, sondern viele Millionen.
Die großen Hebel liegen bei der Politik – und eine deutliche Mehrheit der WählerWähler
in ganz Europa will, dass die Politik diese Hebel nutzt: 72 % finden eine CO2-Steuer für Flugreisen
sinnvoll
Viele Menschen, die heute noch fliegen, sind sich der Schädlichkeit dieses Verkehrsmittels
durchaus bewusst. Untersuchungen zeigen immer wieder die Diskrepanz zwischen Besorgnis und
tatsächlicher Vermeidung von Flugreisen (attitude-behaviour gap)