Die Ausbauziele der EU für die erneuerbaren Energien bleiben hinter den Anforderungen zurück: Bis 2030 möchte die Europäische Kommission ihren Anteil auf 45 % erhöhen. Das genügt
schon allein deshalb nicht, weil sich die Strom-Nachfrage bis 2050 verdoppeln wird
Noch schlechter steht es um die tatsächliche Gesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten. Diese hinkt hinter den ungenügenden Zielen weit zurück: Aktuell reicht sie nur für 36 % bis 47 % weniger
Treibhausgase gegenüber 1990 bis 2030
Warum bleibt die Europäische Union so weit zurück hinter dem, was nötig wäre? Was muss anders werden, damit sie die erforderlichen Emissionsreduktionen erreicht?
Die Energiewende kann nur gelingen, wenn allen Sektoren genügend erneuerbare Energien zur Verfügung stehen, um ihren gesamten Bedarf klimaneutral zu elektrifizieren.
Aktuell erzeugt die EU nur 22 % ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen.
In einer aktuellen Studie unter Mitwirkung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung
Bezogen auf die Energieträge heißt das:
Energieträger | Ertrag in 2023 |
planmäßiger Ertrag in 2030 | planmäßiger Ertrag in 2040 |
---|---|---|---|
Onshore Windkraft | 400,13 TWh | 2900 TWh | 4000 TWh |
Offshore Windkraft | 52,5 TWh | 250 TWh | 879 TWh |
Photovoltaik | 194,98 TWh | 750 TWh | 2100 TWh |
In Deutschland wird sich der Strombedarf insgesamt voraussichtlich verdreifachen.
Was hindert die Europäische Union aktuell, die Energiewende im erforderlichen Tempo anzugehen?
An den Kosten scheitert die Energiewende nicht.
Die Kosten für Wind- und Solarenergie sind innerhalb weniger Jahr drastisch gesunken
Bei der Windkraft ist die Preisentwicklung vergleichbar. Wind- und Solarenergie sind damit längst wirtschaftlicher als Kohle, Erdgas und Atom.
Welche Kosten durch die Energiewende auf den EU-Haushalt zukommen, haben Leonard Göke, Claudia Kemfert, Hans-Joachim Schellnhuber und andere in der bereits erwähnten Studie errechnet
Etwa ein Drittel dieser Ausgaben ließe sich durch die Umschichtung von Subventionen aus anderen Quellen decken.
Zum Vergleich: Um die Auswirkungen des russischen Einmarsches in die Ukraine auf die Energieversorgung abzumildern, wurden 792 Milliarden Euro bereitgestellt – in nur einem Jahr (2022)
Dass die Energiewende nicht in dem erforderlichen Tempo vorankommt, dürfte dem Einfluss der Fossil-Lobby in Brüssel geschuldet sein
Was die Versorgungssicherheit tatsächlich gefährdet, ist etwas ganz anderes: die derzeitige zentralisierte Versorgungsstruktur. Heute würde bereits der Ausfall von zwei bis drei zentralen Leitungen oder Großkraftwerken zu einem europaweiten Blackout führen
Auch Ängste vor Arbeitsplatzverlusten sind unbegründet. Wer heute in den Kohlegruben beschäftigt ist, könnte in der Solarindustrie Arbeit finden. Vorausgesetzt, die Europäische Union fördert die Zukunftstechnologien, statt sie abzuwürgen wie im Deutschland der Jahre 2011 bis 2014. Damals wurden in der deutschen Solarbranche 80.000 Arbeitsplätze vernichtet, in der chinesischen Solarbranche dagegen zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen
Den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wussten die Fossil-Konzerne geschickt für sich zu nutzen. Um das russische Erdgas zu ersetzen, unterzeichneten der deutsche Wirtschaftsminister Habeck und andere in Panik Erdgas-Lieferverträge, die uns nun auf viele Jahre an diese extrem klimaschädliche Energieform binden
Unterdessen arbeiten Länder wie Deutschland an einer neuen Erdgas-Infrastruktur. Damit gefährden sie den – wiewohl ungenügenden – Plan der EU, den Anteil an grüner Energie bis 2030 auf 45 % zu steigern
Als Großabnehmerin für russisches Erdgas hat die Europäische Union Putins Kriegskasse gefüllt – vor Kriegsausbruch und lange Zeit danach. Flüssigerdgas aus Russland beziehen wir bis heute
Welche erneuerbaren Energien stehen in Europa zur Verfügung? Wo ist Potenzial für den erforderlichen Ausbau?
Die wichtigsten erneuerbaren Energien Europas sind Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft. Wind- und Solarkraft können einander gut ergänzen: Wind steht mehr im Norden und in den Wintermonaten zur Verfügung, Sonnenergie dagegen mehr im Süden und während der Sommermonate. Die Wasserkraft kann wegen ihrer höheren Konstanz zur Netzstabilität beitragen. Hinzu kommen müssen Speicherlösungen.
Insbesondere wegen der Schwankungen bei Wind und Solar erfordert die Energiewende erheblich mehr Speicher, als heute verfügbar sind. Der zusätzliche Speicherbedarf lag 2021 bei einer Größenordnung um den Faktor 1000
Für den Kurzzeitbereich eignen sich Batterien, beispielsweise Solar-Batteriespeichersysteme, wie sie bisher vor allem in Einfamilienhäusern realisiert werden. Diese müssen weiter ausgebaut werden
Für die Absicherung längerer Flaute-Zeiten eignet sich Technologie Power-to-Gas. Damit lässt sich überschüssiger Solarstrom in grünen Wasserstoff umwandeln und in Gasspeichern zwischenlagern. Die heute schon existierenden Erdgasspeicher in Deutschland sind dafür geeignet und groß genug.
Besonders in den Alpenländern sind Pumpspeicherkraftwerke in Betrieb: Bei überschüssiger Energie wird Wasser in einen hoch gelegenen Speichersee gepumpt. Bei Bedarf treibt es einen Turbine und einen elektrischen Generator an.
Intelligente NetzeDie intelligente Kopplung von Sektoren wie Elektrizität, Wärme, Verkehr und Industrie kann den Speicherbedarf erheblich senken
Viel zu oft scheitern Lösungen für mehr Klimaschutz an bürokratischen Hürden. So erhielt in Berlin eine Wärmepumpe nicht die Baugenehmigung, weil von den erforderlichen drei Metern Mindestabstand zum Nachbarn ein Zentimeter fehlte
Auch an der Zulassung ihrer PV-Anlage haben sich in Deutschland schon viele die Zähne ausgebissen. Dass es auch anders geht, machen die Niederlande vor. Dort ist der Erwerb einer PV-Anlage an keine Bedingungen gebunden. Der über den Eigenbedarf hinausgehende Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Privat erzeugter Strom ist dem Strom großer Stromerzeuger gleichgestellt, es besteht kein Unterschied in der Vergütung.
Dem Energie-Sektor werden etwa 26 % der Treibhausgas-Emissionen der EU zugerechnet. Damit ist er der Sektor mit den höchsten Emissionen vor dem Verkehr und der Industrie
Nicht alle Klimaschäden werden durch fossile Energien verursacht. So schlagen in der Landwirtschaft vor allem die Methan- und Lachgasemissionen aus der Tierhaltung zu Buche. Und im Flugverkehr muss man die bloßen CO2-Emissionen mit zwei multiplizieren, um den gesamten Klimaschaden zu erfassen.
Für die Sektoren Verkehr und Industrie (Anteil an den Gesamt-Emissionen jeweils 22 %) sowie Gebäude (13 %) gilt jedoch: Die Umstellung auf neue Technologien wie E-Autos, Wärmepumpen und mit Wasserstoff hergestellte industrielle Baustoffe ist erst dann ein Erfolg für das Klima, wenn die dafür erforderliche Energie emissionsfrei gewonnen wird.
Es hängt deshalb in erster Linie vom Energie-Sektor ab, ob die Energiewende gelingt.
Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der Europäischen Union
Verglichen mit Deutschland, steht die Europäische Union also gut da. Sie hat bereits Voraussetzungen geschaffen, auf die sich aufbauen lässt. So soll ihre Strategie „Energie Union“
Leider bleibt aber auch die Europäische Union noch deutlich hinter der Pflicht zurück, anteilig zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze beizutragen. So lange sie das nicht leistet, besteht kein Anlass zur Zufriedenheit. Dafür ist die Lage zu gefährlich. Es genügt nicht, das Glas statt zu 80 % nur zu 51 % über den Tischrand zu schieben: Wir müssen das Klimasystem in den Bereich zurückbringen, in dem es nicht kippt.
Deshalb muss der Ausbau der erneuerbaren Energien so beschleunigt werden, wie es die 1,5-Grad-Grenze verlangt.
Bestimmte Anwendungen lassen sich ohne Wasserstoff nicht dekarbonisieren. Dazu gehören die Produktion von Zement und Stahl, der – drastisch zu reduzierende – Flugverkehr, der Schiffsverkehr sowie Langfrist-Speicher zur Stabilisierung der Stromversorgung.
Dekarbonisiert ist jedoch nur grüner Wasserstoff. Dessen Herstellung ist äußerst energieintensiv. Deshalb wird er als der „Champagner der Energiewende“ angesehen. Er sollte nur dort eingesetzt werden, wo eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist. Denn direkte Elektrifizierung erfordert im Vergleich zu grünem Wasserstoff nur einen Bruchteil an Energie. Deshalb ist Wasserstoff für Autos und Heizungen ungeeignet. Die ineffiziente Anwendung dieses kostbaren und knappen Rohstoffs würde die Verfügbarkeit in den Sektoren und Anwendungen reduzieren, in denen er unverzichtbar ist
Abwegig ist die Vorstellung, wir könnten auf den Ausbau der erneuerbaren Energien in der EU zugunsten von Wasserstoff-Importen verzichten
Nach den Verlusten durch Wasserentsalzung, Elektrolyse, Verflüssigung, Transport und Rückverstromung würde bei Wasserstoff-Importen aus Nordafrika auf dem Seeweg kaum ein Drittel der ursprünglichen Energie in Europa ankommen.
Die EU soll die Länder in Nordafrika beim Aufbau einer Solar-Infrastruktur unterstützen. Das darf aber nicht dazu führen, dass neokoloniale Strukturen aufgebaut werden, mit welchen andere Staaten die Lasten der Wasserstoffproduktion (Wasserverbrauch, Flächenverbrauch, Umweltlasten) tragen, damit die EU-Staaten weiter Energie verschwenden können.
Könnte die vergleichsweise CO2-arme Kernenergie ein Beitrag zur Lösung sein?Eine aktuelle Studie unter Federführung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung
Angesichts der immer günstiger werdenden erneuerbaren Energien spricht heute buchstäblich nichts mehr für neue Atomkraftwerke, weder aus ökologischer noch aus wirtschaftlicher Sicht. Fachleute halten es deshalb für unmöglich, dass die EU-weit geplanten oder angekündigten 15 bis 20 neuen AKWs tatsächlich gebaut werden
Wo heute noch gegen jede ökologische und wirtschaftliche Vernunft neue Atomreaktoren gefordert werden, besteht der Verdacht, dass militärische Überlegungen im Spiel sind. Denn die Übergänge zwischen ziviler und militärischer Nutzung sind fließend.
Im Weltmaßstab sind AKWs als Lösung für die Energiewende allein schon deshalb ungeeignet, weil die verfügbaren Uranmengen dafür gar nicht ausreichen
Die oft als „Kernkraftwerke der vierten Generation“ angepriesenen Flüssigsalzreaktoren existieren bisher nur auf dem Papier. Bis zu ihrer Einsatzfähigkeit könnten Jahrzehnte vergehen. Auch die Transmutation, bei der Atommüll als Brennmaterial wiederverwertet werden soll, gibt es bisher nur in der Theorie. Sollte sie je kommen, wird sie unkalkulierbar teuer sein und würde den Atommüll nicht etwa vernichten, sondern ersetzen durch große Mengen an radioaktivem Material, das zwar schwächer strahlt als das Ausgangsmaterial, aber dennoch ebenfalls gefährlich ist.
Von Bill Gates wurden Klein-Reaktoren ins Gespräch gebracht, die in den Kellern von Privathäusern untergebracht wären. Solche Reaktoren wären ein Fest für Terroristen, die den Atommüll für schmutzige Bomben verwenden könnten. Damit lassen sich leicht große Gebiete verseuchen.
Die Kernfusion ist ebenfalls Jahrzehnte von der Realisierung entfernt. Für die Kombination mit erneuerbaren Energien ist sie ohnehin zu unflexibel.
Nicht einmal die Energiekonzerne selbst sind noch an der Atomkraft interessiert. Sie ist heute nicht viel mehr als eine wohlfeile Ausrede für PolitikerPolitiker, die beim Klimaschutz versagen. Der bayerische Ministerpräsident, ein bekennender Atomkraft-Fan
Die Klimaliste tritt dafür ein, die noch bestehenden Atomkraftwerke so schnell wie möglich durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Auf keinen Fall dürfen neue Atomkraftwerke gebaut werden.
cheitert die Energiewende am Fachkräftemangel?Der Fachkräftemangel ist nicht nur in Deutschland
Lässt sich der Treibhausgas-Ausstoß durch Negativ-Emissionen wieder korrigieren
Würden Meere, Wälder und Moore nicht einen erheblichen Teil der menschlichen CO2-Emissionen absorbieren – nicht auszudenken, wie weit die Erderhitzung dann bereits fortgeschritten wäre. Doch die Fähigkeit der natürlichen Senken, CO2 aufzunehmen, nimmt ab. Die Ozeane sind so warm wie nie
Wie steht es um die technischen Möglichkeiten, CO2 zu absorbieren? Zwei CCS-Technologien lassen sich unterscheiden: BECCS und DACCS.
Bei BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage) wird Biomasse in Kraftwerken verbrannt, das dabei entstehende CO2 wird aufgefangen und unter der Erde gelagert. Um BECCS auf eine relevante Größe zu skalieren, müssten wir gigantische Ackerflächen, die uns nicht zur Verfügung stehen, mit Monokulturen bebauen. Es wäre ein riesiges Programm zur Zerstörung von Natur und zur Gefährdung der Lebensmittelversorgung. Energie aus Biomasse-Monokulturen ist ohnehin wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig, die Kosten für die CO2-Abscheidung würden die Kosten zusätzlich in die Höhe treiben.
DACCS (Direct Air Carbon Capture and Storage, auch DAC) ist die direkte Abscheidung von CO2 aus der Luft mit anschließender Endlagerung. Die CO2-Konzentration in der Luft ist jedoch trotz der erheblichen Treibhausgas-Wirkung nur sehr gering. Deshalb ist es unverhältnismäßig teuer und energieaufwändig, das CO2 wieder herauszufiltern. Hinzu kommen die Kosten für Lagerung und Transport.
CO2-Abscheidung wird auch bei der Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas eingesetzt („blauer Wasserstoff“). Da aber bei der Förderung und dem Transport von Erdgas immer äußerst gefährliches Methan in die Atmosphäre gelangt, ist blauer Wasserstoff keine Lösung
Die Klimaliste begrüßt die Erforschung der CCS-Technologien. Eines Tages könnte die zusätzliche Rückholung von CO2 tatsächlich sinnvoll sein. Bisher ist CCS aber noch weit davon entfernt, einen nennenswerten Beitrag zur Senkung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre leisten zu können
Energiepflanzen stehen in Konkurrenz zur Erzeugung von Lebensmitteln. Daher verschärfen sie die Folgen der Erderhitzung, statt sie zu lindern.
In der EU müssen die Treibstoffhersteller ihrem fossilen Treibstoff sieben Prozent Biokraftstoff beimischen. Daraus entsteht ein Gemisch, das wegen der damit einhergehenden Regenwaldabholzung dreimal so klimaschädlich ist wie purer Diesel
Landwirtschaftliche Anbaufläche für die Erzeugung von Biogas zu verwenden, ist nicht sinnvoll. Auf derselben Fläche kann mit mobilen Photovoltaik-Anlagen die fünfzehnfache Menge an grünem Strom produziert werden
Keine der großen Parteien aus dem Bundestag, die bei der EU-Wahl kandidieren, strebt derzeit eine Politik an, mit der sich das Pariser Klimaschutzabkommen sicher einhalten ließe. Keine von ihnen besteht darauf, dass die Zubaumengen an erneuerbaren Energien eingehalten werden, die zum Einhalten der 1,5-Grad-Grenze erforderlich sind
Dagegen hält sich die Klimaliste Deutschland in ihren Forderungen konsequent an die Erkenntnisse der Klimaforschung. Was die Wissenschaft als notwendig erkannt hat, ist für uns nicht Verhandlungsmasse, hinter der das Ergebnis zurückbleiben dürfte, sondern verbindlicher Handlungsauftrag.
Ein jährlich benötigter Ertrag von 750 TWh erfordert gut 800 GW installierte Nennleistung an PV-Modulen. Bei einer Lebensdauer von 20 Jahren müssen wir also 40 GW an PV-Modulen jedes Jahr aufstellen.
Die großen chinesischen Hersteller planen Produktionsstandorte mit z.B. 16 GW jährlicher Produktion
Wir möchten in der kommenden Legislatur EU-Mittel für die Errichtung mindestens einer neuen Modulfabrik samt der dazu gehörenden Siliziumkristallisation mit einer jährlich produzierten Modulleistung in der Größenordnung von 10 GW bereit stellen.
Dies wird einen mittleren, einstelligen Milliardenbetrag erfordern.
Mit Ausbau erneuerbarer Energien wird die Stromerzeugung lokal schwanken. In Deutschland etwa wird an einem bewölkten Tag mit viel Wind Strom eher im Norden erzeugt, an einem sonnigen, windstillen Tag eher im Süden. Trotz der neuen HGÜ-Trassen wird das Netz immer wieder Engpässe aufweisen. Ein Netzausbau, der auch im Worst-Case alle erzeugte Energie transportieren kann, wäre auch unwirtschaftlich.
Aktuell gibt es in Deutschland einen überall einheitlichen Strompreis. Dadurch werden Fehlanreize gesetzt: Ist etwa viel Windenergie im Norden verfügbar, sinkt der Preis auch in Süddeutschland und die Industrie dort fährt ihre Anlagen hoch, die Schweiz und Österreich kaufen bei uns Strom für ihre Pumpspeicher ein. Dieser Strom kann jedoch nicht vollständig quer durch Deutschland transportiert werden. Daher müssen dann trotzdem Windenergieanlagen abgeregelt werden und Kohle- oder Gaskarftwerke im Süden hochfahren. Dieses Phänomen nennt man Redispatch und es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren dadurch erhebliche Mehrkosten entstehen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Deutschland (im eigenen Interesse) eine der von der ACER
Ziel ist, einen Strommarkt zu schaffen, der den Anforderungen der erneuerbaren Energien gewachsen ist, damit die Kosten der Energiewende minimiert werden.
Andere Länder haben bereits erfolgreich ihren Strommarkt in kleinere Gebiete aufgeteilt, teils ebenfalls auf Anordnung durch die EU.
Mit Ausbau erneuerbarer Energien muss Strom über immer weitere Distanzen transportiert oder länger gespeichert werden. Die Kapazität der Übertragungsnetze zwischen den Ländern soll dafür auf 15 % der
installierten Kraftwerksleistung ausgebaut werden
Für den Transport über weite Distanzen kommt nur HGÜ in Frage. Dabei müssen Spannungen von über 500 kV pro Pol erreicht werden. Für diese Spanungsniveaus
sind erste Erdkabellösungen gerade erst marktreif geworden
Das Belo Monte-Rio de Janeiro UHVDC-Projekt transportiert zu ähnlichen Kosten etwa so viel Leistung, wie der geplante Südlink in Deutschland - allerdings mehr als drei mal so weit.
Wir möchten unsere parlamentarischen Mittel auch zur Entwicklung von Stromnetzmodellen verwenden, die eine präzise Antwort auf die Frage liefern, in welchem Umfang HGÜ in Europa ausgebaut werden sollte.
Wir lehnen Kernkraft zur Energiegewinnung grundsätzlich ab. Trotz der Sicherheitsbekundungen kam es in Tschernobyl und Fukushima zu erschütternden Unfällen. Darüber hinaus ist die Endlagerfrage immer noch nicht geklärt – genau wie die Klimakrise selbst ist Atomkraft eine Bürde, die die nachfolgenden Generationen zu tragen haben werden.
Technologien, wie neue Reaktortypen oder auch Kernfusion, die heute noch im Prototypenstatus stehen, werden für die Energiewende, also bis zur CO2-Neutralität, keine Rolle mehr spielen.
Die Bundesgesellschaft für Endlagerung geht allein in Deutschland von hochradioaktivem Atommüll im Umfang von rund 27.000 Kubikmetern aus. Dieses entspricht einer Größe von Würfeln mit dem Umfang von einem Kubikmeter, die aneinandergereiht eine Länge von 27 Kilometern ausmachen.
Hochradioaktiver Atommüll hat eine Halbwertzeit, die zwischen 24.000 und einer Million Jahren liegt. Für diesen gibt es bisher nur das Konzept, ihn im Erdreich einzulagern. Alternative Technologien sind bisher noch nicht diskutiert oder erforscht worden.
Schwach- und mittelradioaktive AbfälleAls Atommüll bezeichnet man Reststoffe, die radioaktive Strahlung aussenden. Derartige Substanzen stammen aus einer Vielzahl von Quellen: In der Energiewirtschaft, Industrie, Forschung und Medizin werden radioaktive Substanzen verwendet. Es entstehen dort entsprechende Abfälle, die nach ihrer Gefährlichkeit klassifiziert werden: von schwach- über mittel- bis hin zu hochradioaktiv.
Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle bestehen in Deutschland Endlager wie das Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel oder das Bergwerk Morsleben, in denen diese Stoffe bis zum Abklingen ihrer Radioaktivität sicher gelagert werden sollen.
Doch mit weitem Abstand am brisantesten ist der hochradioaktive Atommüll.
Keine Lösung für hochradioaktive Abfälle?
Hochradioaktiver Atommüll entsteht bei der Kernspaltung in den Brennstäben von Kernkraftwerken. Dieser Abfall strahlt sehr viel stärker als schwach- und mittelradioaktiver Abfall und erzeugt somit fast die gesamte menschengemachte
Radioaktivität. Zu ihm gehören auch einige äußerst problematische Substanzen wie das natürlich nicht vorkommende Plutonium, das schon in sehr geringen Mengen hochgiftig ist, eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren hat und sich zudem zum Bau
von Atombomben eignet. Im hochradioaktiven Abfall finden sich darüber hinaus einige extrem langlebige, neu entstandene Elemente mit Halbwertszeiten von teilweise über einer Million Jahren. Für die allein bis zum vollkommenen Rückbau der
deutschen Atomkraftwerke erwarteten Menge von 27.000 Kubikmetern
Das Problem der Entsorgung wird in der Öffentlichkeit oft verdrängt: Zurzeit gehen von hochradioaktivem Müll besonders große Gefahren aus. Bei Bränden, Flugzeugabstürzen oder durch terroristische Aktivitäten könnten große Mengen von Radioaktivität in die Umwelt gelangen. Gegenwärtig werden viele Castor-Behälter allerdings aus logistischen Gründen unzureichend geschützt bei Kernkraftwerken gelagert, anstatt den Müll in zentralen Zwischenlagern abklingen zu lassen.
Die Dual-Liquid-Technik eröffnet hier einen Weg, das hochradioaktive Material auf einen Zustand von schwacher Radioaktivität in einem Reaktor herunterzubrennen und so ein Endprodukt zu erzeugen, das nur noch eine sehr geringe Halbwertszeit
besitzt. Beim Dual-Fluid-Reaktor
Der Dual-Fluid-Reaktor ist kein klassischer Atomreaktor. Er gehört zur Klasse der Reaktoren, die mit verflüssigtem „Brennstoff“ arbeiten. Die Übertragung der Wärme und Kühlung soll durch flüssiges Blei herbeigeführt werden. Eine Besonderheit dieses Konzeptes ist es, dass die Kernspaltung in einem Dual-Fluid-Reaktor nicht selbstständig außer Kontrolle geraten kann und es aus physikalischen Gründen nicht zu einer „Kernschmelze“ kommen kann, also zu einer sogenannten „kritischen Leistungsexkursion“, wie sie im Jahr 1986 in Tschernobyl erfolgte. Der Grund dafür ist, dass die Kernspaltung nur in einem sogenannten metastabilen Zustand ablaufen kann. Vereinfacht gesprochen bedeutet dies, dass für eine funktionierende Kernspaltung der mittlere Abstand zwischen zwei spaltbaren Atomkernen einen bestimmten Wert haben muss. Auf dieser Strecke werden die von einem Kern nach einer Spaltung ausgeschickten Neutronen gebremst und auf die richtige Geschwindigkeit gebracht, bevor sie den nächsten Kern treffen und dort die nächste Spaltung auslösen können. Das bedeutet, dass dieser Abstand (der Physiker spricht von der mittleren freien Weglänge) von zentraler Bedeutung ist für die Aufrechterhaltung der Kettenreaktion. Sind die Tochterneutronen zu langsam, erreichen sie den nächsten Kern nicht oder mit einer viel zu kleinen Geschwindigkeit. Sind sie zu schnell, fliegen sie einfach daran vorbei ohne eine Spaltung auslösen zu können. Solche Reaktoren regeln sich also von selbst. Selbst wenn man es will, kann man es nicht schaffen, eine Überkritikalität in einem Dual-Fluid-Reaktor herbeizuführen.
Flüssigbrennstoff-Reaktoren sind schon lange bekannt und liefen bereits von 1962 bis 1969 stabil und ohne Probleme in den USA in Oakridge. Die Techniken, die um einen Reaktor notwendig sind (Kühlungskreislauf etc.) sind in Deutschland gut erforscht und arbeiteten in den vergangenen Jahren bei den drei noch aktiven konventionellen Reaktoren stabil. Eine Förderung der Forschung an diesem Konzept beinhaltet keine automatische Einführung dieser Technik. Sie ist auch nicht als Wiedereinstieg in die wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie vorgesehen.
Das Konzept des Dual-Fluid-Reaktors wurde zunächst in Berlin an dem Institut für Festkörper-Kernphysik entwickelt. 2021 gründete sich daraus das Start-up-Unternehmen Dual Fluid Energy Inc, das sich um die wirtschaftliche Ausnutzung dieses Konzeptes bemüht.
Auf politischer Ebene wird diesem Projekt vorgeworfen, dass es noch nicht genügend erforscht worden ist (so von dem Bündnis „Ausgestrahlt“). Auch sei ein erheblicher Teil des bereits entstandenen Atommülls für eine Transmutation, also Umwandlung ungeeignet. Diese Behauptung wird allerdings nicht mit technischen Daten unterlegt. Mit der Maßnahme der Forschungsförderung soll gerade diesem Mangel entgegengearbeitet und versucht werden, möglichst viele offene Fragen durch genaue Forschungsarbeit klären zu lassen. Das Konzept des Dual-Fluid-Reaktors stellt aber zur Zeit die einzige Perspektive für eine technische Entsorgung des hochreaktiven Atommülls dar.
Für die Förderung einer solchen Technik auf EU-Ebene stehen Gelder des Atom-Deals und auf deutsche Ebene Haushaltsmittel des Atom-Ausstiegsprogrammes zur Verfügung. Es bedarf aber noch einer politischen Grundsatzentscheidung, dieses
Projekt zu fördern.
Bisherige politische Reaktion bei: https://www.ausgestrahlt.de/themen/akw-generation-iv/schone-neue-reaktorwelt/