Demokratie

Prozentsperrklauseln verbieten

Einleitung in das Thema

In Europa gilt mehrheitlich das Prinzip der repräsentativen Demokratie. Das bedeutet, dass je nach Auslegung ethnische Gruppen, Berufe, ideologische Gruppen oder politische Ziele gemäß ihres Anteils in der Bevölkerung bzw. gemäß ihrer Relevanz in den Parlamenten vertreten sein sollen.

Problembeschreibung

Im Bestreben, Minderheitenmeinungen zu unterdrücken wurde im EU-Parlament mit den 2022 überarbeiteten Wahlregelnhttps://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20220429IPR28242/parlament-neue-regeln-fur-europawahl-eu-weiter-wahlkreis-gefordert ein in Deutschland verfassungswiedrigeshttps://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2014/bvg14-014.html Gesetz verabschiedet, das die Mitgliedsstaaten dazu zwingen soll, das Prinzip der Gleichheit der Stimme auszuhöhlen und eine Sperrklausel gegen Parteien, die weniger als 3,5 % der Stimmen erhalten, in ihre nationalen Wahlgesetze aufzunehmen. Dass der deutsche Bundestag zu langsam war, dies rechtzeitig bis ein Jahr vor der Wahl zu übernehmen, ist der Grund dafür, dass wir und viele weitere, demokratische Parteien bei der kommenden Wahl überhaupt eine Chance haben, gewählt zu werden.

Forderungen

Wir betrachten Regelungen, die Menschen in ihrer Wahlentscheidung bevormunden, grundsätzlich als demokratiefeindlich und setzen uns gegen Prozentsperrklauseln ein. Stattdessen streben wir bei allen Wahlen ein System mit mehreren Stimmen an, die auf eine Partei kumuliert aber auch auf verschiedene Parteien verteilt werden können. So sollen Menschen ihre politischen Vorstellungen möglichst präzise auf dem Stimmzettel abbilden können, damit statt Populismus und Personenwahlkampf wieder echte Inhalte in den Fordergrund rücken.

Beispiel

Bei Kommunalwahlen in den meisten Bundesländern gibt es keine Prozentsperrklausel und die WählerWähler haben mehrere Stimmen.https://www.wahlrecht.de/kommunal/ Teils sogar so viele Stimmen, wie Sitze zu vergeben sind und die Stimmen können an einzelne Kandidierende über alle Listen verteilt werden. Das ist für Wahlen auf höherer Ebene nicht zielführend, aber die Möglichkeit, eine mittlere, einstellige Zahl an Stimmen auf die Listen verteilen zu können, wäre hier sehr nützlich.

Fortschritt

Ziel ist, dass möglichst wenige gültige Stimmen verworfen werden. Der Anteil der wegen formalen Hürden nicht repräsentierter Stimmen kann für alle EU-Staaten erfasst werden.

Ziel

Wir arbeiten grundsätzlich kooperativ mit anderen, lösungsorientierten Parteien zusammen. Ein repräsentatives Parlament, das alle wichtigen Themen abdeckt, muss die gesellschaftliche Diversität wiederspiegeln und die Spezialisierung von Parteien zulassen, damit Lösungen, die der Komplexität der Probleme gerecht werden, eingebracht und im Kreise der mit der jeweiligen Thematik vertrauten Abgeordneten diskutiert werden können. Ohne Prozentsperrklauseln können sich PolitikerPolitiker in geeigneten Strukturen organisieren, die zur Lösung der Probleme beitragen.

Entkräften von Gegenargumenten

Auch die für deutsche Parlamentswahlen geltende 5 %-Klausel rechtfertigt sich durch eine vermeintlich einfachere Bildung von stabilen Koalitionen mit weniger Parteien im Parlament. Gerne wird auf die Erfahrungen der Weimarer Republik verwiesen, in der Regierungen immer wieder daran gescheitert waren, dass die großen Volksparteien nicht fähig waren, gemeinsam zu regieren. Die Theorie, dass Parlamente mit weniger Parteien stabiler sind, trifft in der Praxis auf wenig Evidenz.

Wahlergebnisse deutscher Parlamentswahlenhttps://wahlen-in-deutschland.de/wrtw.htm
Created with Highcharts 9.2.2Anzahl teilnehmender Parteien212123232929282836363131606047471616474710109911111313181813134646323244393911111414181815151818181814141515121288Parteien ohne MandatParteien mit Mandat19.01.191906.06.192004.05.192407.12.192420.05.192814.09.193031.07.193206.11.193205.03.193316.09.2021010203040506070Highcharts.com

Auch in der Weimarer Zeit sind selten mehr Parteien angetreten, als heute. Es gingen meist einige, wenige Sitze an Kleinparteien unter 5 %, die für die Bildung einer Regierung kaum eine Rolle spielten. Demgegenüber steht das sehr stabile EU-Parlament, in dem aktuell 211 verschiedene Parteien sowie 117 unabhängige Abgeordnete aus 27 Ländern sitzen.Auswertung der Abgeordnetenliste des EU-Parlaments

Qualifizierte Mehrheit im EU-Rat

Einleitung in das Thema
Ersetzen des Einstimmigkeitsprinzips für den Rat der Europäischen Union durch das qualifizierte Mehrheitsrecht

Einstimmigkeit im Rat der Europäischen Union ist bei einigen Angelegenheiten erforderlich, die die Mitgliedstaaten als sensibel betrachten, so zum Beispiel:

Darüber hinaus ist für Abweichungen von einem Kommissionsvorschlag Einstimmigkeit im Rat erforderlich, sofern die Kommission den an ihrem Vorschlag vorgenommenen Änderungen nicht zustimmen kann. Diese Regelung gilt nicht für Rechtsakte, die der Rat auf Empfehlung der Kommission annimmt, etwa im Bereich der wirtschaftspolitischen Koordinierung European Commission – Abstimmungsverfahren.

Grenzübergreifende Krisen wie der Klimawandel und mögliche Kriege in der europäischen Nachbarschaft verlangen nach einem gemeinsamen Vorgehen. Alle Mitgliedstaaten der EU sind sich jedoch selten einig und jeder einzelne Mitgliedstaat kann mit seinem Veto Beschlüsse blockieren.

10.1.2 ProblembeschreibungDas Einstimmigkeitsprinzip ist nicht praktikabel

Das Problem ist, dass die Europäische Union in der Welt selten geschlossen auftritt. Die AußenministerAußenminister und RegierungschefRegierungschefs der großen Länder in der EU haben einzeln immer noch mehr Gewicht als die EU als Machtblock. Das liegt vor allem an den politischen Spielregeln. Denn um einen Beschluss in der Außenpolitik zu fällen, müssen alle 27 Mitgliedstaaten diesem zustimmen. Falls nur ein Land dagegen ist, passiert nichts mehr.

Problembeschreibung

In der Praxis bedeutet das: Die EU hat fast 450 Millionen Einwohner. Wenn die Regierung von Malta sich querstellt, dann kann diese „Macht“ von 475.000 Menschen (weniger EinwohnerEinwohner als Bremen / 0,1 % der EU-Gesamtbevölkerung) alles blockieren. Dieses Einstimmigkeitsprinzip gilt auch bei anderen Politikbereichen wie den EU-Finanzen, der Besteuerung, dem Sozialschutz und Bürgerrechten Politik – So schaffen wir das Einstimmigkeitsprinzip in der EU endlich ab ( https://ypolitik.de/podcast/so-schaffen-wir-das-einstimmigkeitsprinzip-in-der-eu-endlich-ab/ ) .

Beispiel

Einige Mitgliedstaaten nutzen das Veto als Druckmittel für Verhandlungen. So legte beispielsweise Ungarn in Polen 2022 sein Veto gegen den von der OECD empfohlenen Mindeststeuersatz für Unternehmen ein, um Druck auf die Europäische Kommission bei der Auszahlung der COVID-19-Wiederaufbaufonds auszuüben Euractiv – EU-Parlament entwirft neuen Plan zur Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips.

Relevanz
Ein Staat kann den ganzen Staatenbund blockieren

Grenzübergreifende Krisen wie die Erderhitzung und mögliche Kriege in der europäischen Nachbarschaft verlangen nach einem gemeinsamen Vorgehen. Alle Mitgliedstaaten der EU sind sich jedoch selten einig und jeder einzelne Mitgliedstaat kann mit seinem Veto Beschlüsse blockieren.

Forderungen

Das Einstimmigkeitsprinzip muss abgeschafft und ersetzt werden durch ein Wahlverfahren, das in vielen anderen Politikfeldern verwendet wird: das qualifizierte Mehrheitsrecht.

Qualifizierte Mehrheit bedeutet:

Es braucht mindestens 15 von 27 Mitgliedsstaaten für einen Beschluss (= 55 % aller Mitgliedstaaten). Diese mindestens 15 Staaten müssen mindestens 65 % der EU-Gesamtbevölkerung repräsentieren.

Das stellt zum einen sicher, dass große Länder nicht von kleinen Ländern zu etwas gezwungen werden können, weil 65 % der Bevölkerung repräsentiert sein müssen, und zum anderen, dass viele kleine Länder sich gegen eine Übermacht weniger großer Länder wehren können Politik – So schaffen wir das Einstimmigkeitsprinzip in der EU endlich ab ( https://ypolitik.de/podcast/so-schaffen-wir-das-einstimmigkeitsprinzip-in-der-eu-endlich-ab/ ) .

Das EU-Parlament verfolgt dieses Anliegen bereits:

„Das EU-Parlament verabschiedete am Dienstag einen Bericht mit pragmatischen Empfehlungen zur Umsetzung der Reform der EU. Damit sollen die Mitgliedstaaten davon überzeugt werden, Einstimmigkeit in Schlüsselbereichen abzuschaffen. Es handelt sich um den 40. Versuch. Der nicht bindende Bericht, der die Passerelle-Klauseln als ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Fähigkeit der EU, schnell und effektiv zu handeln, anerkennt, enthält Empfehlungen zu den Bereichen, in denen sie angewandt werden sollen, sowie einen konkreten Zeitplan, wann sie eingeführt werden sollen.

Das Parlament fordert die EU auf, bis Ende 2023 Passerelle-Klauseln und die qualifizierten Mehrheitsentscheidungen bei Sanktionen, steuerlichen Maßnahmen in der Energiepolitik, Umweltmaßnahmen und der Revision des EU-Haushalts anzuwenden. Entscheidungen über die Standpunkte der EU in multilateralen Foren und die Unterzeichnung internationaler Abkommen in der Außen- und Verteidigungspolitik bleiben Bereiche, in denen der Rat bis Ende 2024 ebenfalls das Mehrheitsprinzip nutzen sollte“ Euractiv – EU-Parlament entwirft neuen Plan zur Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips.

Ziel
Mit dem Mehrheitsrecht gegen die Blockaden Einzelner

Wenn das Einstimmigkeitsprinzip durch das Qualifizierte Mehrheitsrecht ersetzt wird, wäre der Rat der Europäischen Union deutlich handlungsfähiger, da Länder ihr Vetorecht nicht mehr als Druckmittel missbrauchen können. Die EU könnte geschlossen nach außen auftreten und zuverlässiger ein gemeinsames Vorgehen gegen grenzübergreifende Krisen wie den Klimawandel finden.